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Einrichtungen >> Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften >> Institut für Archäologische Wissenschaften, Denkmalwissenschaften und Kunstgeschichte (IADK) >> Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit >>
Baugestalt, Wirtschaftsleben und Sachkultur des ehemaligen Reichsklosters Lorsch an der Bergstraße (Weltkulturerbe der UNESCO). Auswertung der Altgrabungen und neue archäologische Untersuchungen.

Das im Jahr 764 von dem Rupertiner Grafen Cancor und seiner Mutter Williswinda in einer Weschnitzniederung gegründete Benediktinerkloster Lorsch wuchs rasch zu einem bedeutenden monastischen Zentrum heran, weshalb es ab 767 auf eine nahegelegene Sanddüne verlegt wurde. Nach einer Epoche höchster Bedeutung in der Karolingerzeit begann seit dem 12. Jahrhundert der Niedergang des Klosters. Mit der Einführung der Reformation in der Kurpfalz endete 1556 das monastische Leben in Lorsch. Nach schweren Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg und einer jahrhundertelangen Nutzung der Ruinen als Steinbruch sind von den Baulichkeiten neben dem Torso der romanischen Vorkirche nur noch die sogenannte Königshalle erhalten geblieben, deren Bedeutung als Zeuge karolingischer Architektur 1991 mit der Eintragung in die Weltkulturerbeliste der UNESCO gewürdigt wurde.
Nach ersten wissenschaftlichen Untersuchungen durch R. Adamy im Jahr 1890 wurde die Klosteranlage zwischen 1927 und 1937 durch den für die Region zuständigen Bodendenkmalpfleger F. Behn untersucht. Es gelang ihm, anhand der erhaltenen Ausbruchgruben der Fundamente sowohl die Kirche als auch die Klausurbauten in ihren Grundrissen zu rekonstruieren; auf die Bergung von Fundmaterial wurde jedoch weitgehend verzichtet.
Während die Untersuchungen in der Kirche monographisch veröffentlicht wurden, sind die Ausgrabungen Behns im übrigen Klostergelände nur in knappen Vorberichten vorgelegt. Da die Feldzeichnungen der Grabungsdokumentation im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurden, sind seine Ergebnisse nicht nachzuprüfen. Damit bleiben wesentliche Fragen sowohl zur Bau- als auch zur Siedlungsgeschichte des ehemaligen Reichsklosters bislang unbeantwortet.
Zur Vorbereitung neuer Ausgrabungen wurde das Klosterareal 1995/97 von der Gesellschaft für Geophysikalische Untersuchungen mbH, Karlsruhe (Dipl.-Ing. B. Illich) durch Georadarmessungen auf noch im Boden vorhandene Baureste untersucht. Von der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessens (Dr. H. Schefers) wurde eine CD-ROM mit den Schwarz-Weiß-Fotos der Grabungen Friedrich Behns zur Verfügung gestellt; daneben wurden die neu aufgefundenen Manuskripte aus dem Nachlass Friedrich Behns gesichtet.
Friedrich Behn hat sich in seinen Veröffentlichungen zu Lorsch fast ausschließlich mit der Baugestalt der Klosterkirche beschäftigt. Das Forschungsprojekt des Bamberger Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit strebt die notwendige Ergänzung dieser Ergebnisse um Kenntnisse zu den übrigen Klosterbauten, insbesondere im Bereich der Klausur und der östlich angrenzenden Bereiche an. Das Kloster wird nicht mehr nur als Baukörper, sondern als Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsraum für eine Vielzahl von Menschen betrachtet, entsprechend sind die Fragestellungen auf den monastischen Alltag, die Verbindungen des Klosters mit der Außenwelt, die Versorgung mit notwendigen Gütern usw. ausgedehnt. Anders als zur Zeit Behns wird in der modernen Archäologie auch den Kleinfunden aller Materialgruppen ein hoher Quellenwert für die soziale, wirtschaftliche und ideelle Realität im Kloster beigemessen, daher kommt der Bergung und Bearbeitung von Fundmaterial im Forschungsprojekt eine hohe Bedeutung zu.
Von 1998 bis 2004 wurde an 13 verschiedenen Stellen im Klostergelände gegraben. Die Fortsetzung archäologischer Maßnahmen in den kommenden Jahren ist fest vereinbart. Gegenwärtig wird die Auswertung der Grabungen seit 2000 betrieben. Seit Mai 2003 können zudem im Rahmen eines DFG-geförderten Projekts das von Behn gefundene Architekturmaterial sowie dessen unveröffentlichte Dokumentation ausgewertet werden. Über 450 Stück mehr oder weniger stark fragmentierter Bauskulptur werden im Lorscher Lapidarium seit seiner Einrichtung 2000 aufbewahrt. Ziel der wissenschaftlichen Analyse ist die Datierung möglichst vieler Einzelstücke, mit deren Hilfe sich die Klosterbaugeschichte fortschreiben lässt. So lassen sich Baumaßnahmen, die im Lorscher Codex erwähnt werden,erstmals durch das Fundmaterial stützen. Andererseits belegt eine größere Anzahl von Dekorformen der Wormser Bauschule, dass um 1180-1200 Bauten errichtet wurden, von denen wir aus den Quellen nichts wüssten.
Gegenstand des von der DFG geförderten Projekts ist ferner die archäozoologische Analyse der äußerst umfangreichen Tierknochenfunde sowie die Publikation, Auswertung und archäologische Kommentierung aller bildlichen und schriftlichen Unterlagen der Altgrbungen Behns. Bauforscherische Untersuchungen am so gen. Kirchenrest im Jahre 2003 auf der Grundlage eines seit längerem vorliegenden steingerechten Aufmaßes erwiesen die bislang geltende Baugeschichte der Lorscher Klosterkirche als erheblich korrekturbedürftig und lieferten die entscheidenden Beobachtungen für eine neue These zur Bauentwicklung.
Projektleitung:
Prof. Dr. Ingolf Ericsson, PD Dr. Markus Sanke

Beteiligte:
Dr. Thomas Platz, Dr. Christian Forster

Stichwörter:
Kloster Lorsch; Benediktiner; Prämonstratenser; Sakraltopographie; Raumnutzung im Kloster; Wirtschaftsleben im Kloster; Handwerk; Keramik; Glas; Bautechnik; Architekturfragmente, Baugeschichte

Beginn: 1.6.1998

Förderer:
Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen
Museumszentrum Lorsch
Kuratorium Weltkulturdenkmal Kloster Lorsch
Universität Bamberg
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Kommission für Archäologische Landesforschung Hessen

Mitwirkende Institutionen:
Universität Göttingen, Institut für Geochemie (Prof. Dr. Wedepohl)
Institut für Hessische Landeskunde, Marburg
Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Außenstelle Darmstadt (Dr. H. Göldner)

Kontakt:
Ericsson, Ingolf
E-Mail: ingolf.ericsson@uni-bamberg.de
Publikationen
Ericsson, Ingolf ; Sanke, Markus: Archäologische Forschungen im ehemaligen Kloster Lorsch. Vorbericht zur ersten Ausgrabungskampagne des Bamberger Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit im Sommer 1998 . In: Froschkönige und Dornröschen. Einblicke in die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen 1998/99 (2000), S. 36-39
Müller, Jakob ; Sanke, Markus: Stichwort "Lorsch, Archäologisches" . In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde Bd. 18. Göttingen (2003), S. 611-615
Müller, Jakob ; Sanke, Markus: Neue Ausgrabungen im ehemaligen Reichskloster Lorsch 1998-2000 . In: Denkmalpflege und Kulturgeschichte in Hessen 2000 2 (2001), S. 23-27
Müller, Jakob ; Sanke, Markus: Neue Ausgrabungen im Klostergelände . In: Weltkulturerbe der UNESCO: Kloster Lorsch, Vernissage 22 (2000), S. 24-31
Sanke, Markus: Archäologische Forschungen im ehemaligen Kloster Lorsch. Ein Projekt des Bamberger Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit zu Baugestalt, Wirtschaftsleben und Alltagskultur der Reichs- und Königsabtei . In: Forschungsforum der Universität Bamberg (2001), S. 38-45
Sanke, Markus ; Wedepohl, Karl Hans ; Kronz, Andreas: Glas aus dem Kloster Lorsch . In: Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 30, 2002 (2003), S. 37-75
Ericsson, Ingolf ; Sanke, Markus (Hrsg.): Aktuelle Forschungen zum ehemaligen Reichs- und Königskloster Lorsch . Darmstadt : Hessische Historische Kommission, 2004 (Bamberger Beiträge zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit Bd. 1) . - VI+327 Seiten.
Sanke, Markus: Archaeological and architectural research in the Carolingian monastery of Lorsch . In: McNeil, John (Hrsg.) : The British Archaeological Association, Conference Transactions (Power and Authority Leeds 14.-17.Juli 2003). Leeds : British Archaeological Association, 2004, S. im Druck.
Hiebel, Andrea ; Müller, Jakob: Auf den Spuren der Baugeschichte. Wichtige Vorarbeit: Recherchen in Quellen und Literatur . In: Vernissage 22 (2000), S. 18-23
Müller, Jakob: Ein Puzzle mit tausend Teilen... Architekturfragmente des Klosters Lorsch . In: Vernissage 22 (2000), S. 32-35
Ericsson, Ingolf ; Sanke, Markus: Neue archäologische Forschungen im ehemaligen Kloster Lorsch. Vorbericht zur ersten Ausgrabungskampagne des Bamberger Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit im Sommer 1998 . In: Jahrbuch der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen 2, 1998/1999 (2000), S. 36-39
Atzbach, Rainer: Tagungsbericht "Aktuelle Forschungen zum ehemaligen Reichkloster - Lorsch und die Region" . In: Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 30/2002 (2003), S. 231f.
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