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Einrichtungen >> Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften >> Institut für Archäologische Wissenschaften, Denkmalwissenschaften und Kunstgeschichte (IADK) >> Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit >>
Die Oberpfalz und ihre Nachbarregionen im frühen bis hohen Mittelalter

Im Sommersemester 2002 fand eine Lehrgrabung für Studierende des Instituts für Ur und Frühgeschichte der Universität Wien in einer Wüstung unbekannten Namens bei Dietstätt östlich von Schwandorf statt (Losert 2003, Losert & Szameit 2003). Auf einer Fläche von etwa 1100 m² wurden zahlreiche Gruben dokumentiert. Die zugehörigen Kulturschichten fielen wohl erst in den letzten Jahren weitgehend dem Pflug zum Opfer. Einige Pfostengruben lagen zwar in Reihen, eine Ergänzung zu ebenerdigen Holzhäusern ist bislang aber nicht möglich. Bemerkenswert ist eine große, bis auf den Sandstein eingetiefte Grube mit Keramik des 7./8. Jahrhunderts, in die nachträglich eine dichte Steinpackung eingebracht wurde. Zahlreiche verziegelte Lehmstücke, teils mit glatt gestrichener Außenseite und Holzkohlebrocken weisen die ovale Struktur (Länge 2,2 m, Breite 1,1 m) als ursprünglich vielleicht überwölbten Ofen aus. Da hier keinerlei Metallspuren vorlagen, ist Zusammenhang mit Eisenverarbeitung auszuschließen. Es handelte es sich entweder um einen großen Backofen oder um eine Getreide- bzw. Flachsdarre. Auf der Sohle einer kleinen Grubenhütte (Länge 3m, Breite 2,6m) befand sich eine dichte Steinlage, jedoch enthielt die tiefschwarze Verfüllung mit frühslawischer Keramik keine Reste verziegelten Lehms. An einer Stelle bestand Verbindung zu einem benachbarten Bau entsprechender Zeitstellung, der aber wegen Zeitmangel nicht vollständig freigelegt werden konnte. Zwei etwa nord-süd orientierte längliche Gruben (Länge der größeren 5,5m, Breite um 1,2m) mit Analogien im großmährischen Zentrum von BÍeclav-Pohansko in Südmähren, enthielten ebenfalls frühslawische Scherben. Die über eine große Fläche streuenden Funde und Befunde, darunter mehrere Bruchstücke von Mahlsteinen aus Granit und Eisenschlacke, sprechen für lockere Bebauung durch wenige Gehöfte, in denen hier direkt anstehendes Eisenerz verarbeitet wurde. Das keramische Spektrum des frühen Mittelalters entspricht bezüglich Formen und Warenarten völlig dem aus den ältesten Kulturschichten unter dem ehemaligen Wasserschloss zu Pfreimd im mittleren Naabtal (Lohwasser & Losert 2002), die erstmals durch kalibrierte C-14 Daten (644-692 (68,1%) oder 617-776 (98,6%)) eine genauere Datierung entsprechender Erzeugnisse in die spätere Merowinger- und frühe Karolingerzeit erlaubten. C-14 Daten zahlreicher am Atominstitut Wien untersuchter Proben aus Befunden der Wüstung bestätigen das Ergebnis von Pfreimd, belegen hier aber eine möglicherweise kontinuierliche Besiedlung seit der jüngeren Latènezeit. Der Schwerpunkt von Funden und Befunden liegt zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert, danach wurde die Siedlung aufgegeben. Für 2005 ist die Fortführung der Untersuchung geplant. Im Sommer 2003 folgte eine Grabung im Bereich des schon seit 1921 bekannten Gräberfeldes zwischen Mockersdorf und Neustadt am Kulm in der nördlichen Oberpfalz (Losert & Szameit 2004). Mit etwa 40 undokumentierten und ebenso vielen im letzten Jahr entdeckten Bestattungen ist die Grenze der karolingerzeitlichen Nekropole im Osten sicher noch nicht erreicht. Ungewöhnlich und von überregionaler Bedeutung ist die große Anzahl von Sonderbestattungen. So wurden einige Tote auf dem Bauch liegend bestattet, Teile des Skeletts entnommen oder die Körper mit zahlreichen Steinen beschwert. In einem Fall wurde der Schädel auf dem Unterarm aufgespießt. Fast alle Gräber, die nicht durch landwirtschaftliche Tätigkeit oder Wegebau beeinträchtigt waren, enthielten für nordbayrische Nekropolen dieser Zeitstellung typische Trachtbestandteile. Bemerkenswert ist Frauengrab 14 mit zwei silbernen Kopfschmuckringen, einer mit mehr als 300 kleinen Glasperlen bestickten Kopfbedeckung oder einem Stirnband, Messer sowie bronzenem Fingerring. Dem jungen Knaben in Grab 18 hatte man in einer Gürteltasche ein Feuerzeug, Messer, zwei geflügelte Pfeilspitzen und einen hier bislang einzigartigen feinen Schleifstein mit Durchbohrung mitgegeben. Das Gräberfeld auf der Flur Bühl dokumentiert zusammen mit den benachbarten Nekropolen von Eichelberg, Wirbenz, dem insgesamt etwas jüngeren Friedhof mit nachträglich errichteter Kirche auf dem Barbaraberg und den Funden der Befestigung auf dem Rauhen Kulm den zunächst überwiegend von Slawen getragenen frühmittelalterlichen Landesausbau in der Flednitz, der Siedlungskammer um den Rauhen Kulm. In den Sommersemesterferien 2004 soll der Rest der Nekropole im Rahmen einer Lehrgrabung mit Studierenden aus Bamberg und Wien ausgegraben werden. Zur Zeit bereite ich die Vorlage eines im Herbst 2003 entdeckten Brandgräberfeldes bei Großprüfening, einem Vorort von Regensburg vor. Die Gräber des letzten Drittels des 6. Jahrhunderts mit frühslawischen Urnen und für frühestawarisch-gepidische, aber auch germanische Gräber typischen, gut datierbaren Trachtbestandteile n sprechen für Herkunft der in Sichtweite der antiken Mauern von Regensburg bestatteten aus dem slawisch-awarischen Bereich an der mittleren Donau (Eichinger & Losert 2004). Ein direkter Zusammenhang mit der awarischen Landnahme in Pannonien ab 568 ist wahrscheinlich. Die Bedeutung dieses kleinen Bestattungsplatzes für die bairische Landesgeschichte und benachbarte Regionen kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, ergibt sich hier doch die Möglichkeit genauerer Datierung frühslawischer Urnenbestattungen und eine konkretere Antwort auf die Frage nach dem Herkunftsgebiet jener Gruppen, die uns später als Naab-, Main- und Regnitzwenden überliefert sind. Die archäologischen Untersuchungen werden zur Zeit fortgeführt. In den nächsten Jahren sollen weitere Objekte im Gebiet zwischen Fichtelgebirge und Donau archäologisch untersucht werden. Die Beteiligten erhoffen sich durch grenzüberschreitenden Meinungsaustausch das Zusammenwachsen einer neuen archäologischen Generation und Erkenntnisse zur Entwicklung einer Region, die seit der Spätantike komplexen und dynamischen Prozessen ausgesetzt war, die ohne internationale Zusammenarbeit nicht zu klären sind. Das Projekt wird von aktuellen Publikationen, Studienaufenthalten, Vorträgen sowie Ausstellungen begleitet und durch eine Veröffentlichung zum frühen Mittelalter in der Oberpfalz und ihren Nachbarregionen abgeschlossen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Untersuchung chronologischer, typologischer und kultureller Beziehungen während der Merowinger- und Karolingerzeit im Kontaktbereich von Slawen, Awaren, Romanen und Germanen zwischen der deutschen Mittelgebirgszone und den Ostalpen bzw. Pannonien. Die Finanzierung des Projekts erfolgte bislang ausschließlich durch Drittmittel. Bei einem für das Wintersemester 2005 geplanten internationalen Kolloquium an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg zu Slawen und Germanen in Nordbayern und den Nachbarregionen sollen die neuen Forschungsergebnisse vorgestellt und diskutiert werden.
Projektleitung:
PD Dr. Hans Losert, Prof. Dr. Erik Szameit

Beginn: 1.8.2002

Förderer:
Otnant Gesellschaft

Mitwirkende Institutionen:
Bayer. Landesamt für Denkmalpflege Regensburg
Universität Wien, Institut für Ur- und Frühgeschichte

Kontakt:
Losert, Hans
Telefon 0951/863 2426, Fax 0951/863 5387
Publikationen
Losert, Hans ; Lohwasser, Cornelia: Frühmittelalterliche Siedlungsspuren unter dem ehemaligen Wasserschloß zu Pfreimd. Landkreis Schwandorf, Oberpfalz . In: Das Archäologische Jahr in Bayern 2001 (2002), S. 125-128
Losert, Hans: Bajuwaren und Slawen im frühen Mittelalter in der mittleren und nördlichen Oberpfalz . In: Sulzach und das Land zwischen Naab und Vils im frühen Mittelalter. Tagung vom 13.-14. Juni 2002 in Sulzbach-Rosenberg. Bd. 19. Sulzbach : x, 2003, (Schriftenreihe des Stadtmuseums und Stadtarchivs Sulzbach-Rosenberg), S. 155-162.
Losert, Hans: Eine Wüstung unbekannten Namens bei Dietstätt in der mittleren Oberpfalz . In: Ericsson, Ingolf ; Losert, Hans (Hrsg.) : Aspekte der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit. Festschrift für Walter Sage. Bonn : Habelt, 2003, (Bamberger Schriften zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit Bd. 1), S. 279-291.
Losert, Hans ; Szameit, Erik: Österreichisch-deutsche Ausgrabungen in einer Wüstung des frühen Mittelalters bei Dietstätt. Gemeinde Schwarzach b. Nabburg, Lkr. Schwandorf, Oberpfalz . In: Das Archäologische Jahr in Bayern 2002 Stuttgart (2003), S. 102-104
Eichinger, Wolfgang ; Losert, Hans: Ein merowingerzeitliches Brandgräberfeld östlich-donauländischer Prägung bei Großprüfening-An den Klostergründen. Stadt Regensburg, Oberpfalz . In: Das Archäologische Jahr in Bayern 2003 (2004)
Losert, Hans: Aspekte der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit. Festschrift für Walter Sage . In: Losert, Hans (Hrsg.) : Bamberger Schriften zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit. Bd. 1. Bonn : Habelt, 2003, S. 279-291.
Losert, Hans ; Szameit, Erik: Archäologische Untersuchungen im wieder entdeckten frühmittelalterlichen Gräberfeld von Mockersdorf. Stadt Neustadt am Kulm, Landkreis Neustadt a.d. Waldnaab, Oberpfalz . In: Das Archäologische Jahr in Bayern 2003. Stuttgart (im Druck) (2004)
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