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  Freizeitkultur. Zur Kulturgeschichte von Zeitnot und Zeitkompetenz

Dozent/in
PD Dr. Gerhard Handschuh

Angaben
Seminar
2 SWS
Gaststudierendenverzeichnis, Studium Generale, Veranstaltungsanmeldung via Eintragung in den entsprechenden VC-Kurs ab 15.03.2013. BM III, AM I, AM II, VM I, VM III, EM I, EM II, EWS II,
Zeit und Ort: Fr 12:15 - 13:45, MG2/01.02

Inhalt
Zu den sozialen Innovationen des späten 19. Jahrhunderts gehört, dass im Erwerbsleben stehende Menschen „freie Zeit“ in Anspruch nehmen können, deren Verfügbarkeit arbeitsvertraglich geregelt ist. Vor dem Hintergrund des latenten Spannungsverhältnisses zwischen Unternehmern und Arbeitern, zwischen Arbeitgebern und Angestellten erhielt die Zusicherung von Erholungsphasen eine immer größere Bedeutung, die schließlich - vor allem ab der Mitte des 20. Jahrhunderts - zur Etablierung eines eigenen Marktes, des Tourismussektors, führte. Die widersprüchliche Einheit eines Lebensbereichs, in dem es subjektiv um die individuelle Entfaltung jenseits sozialer Kontrollen und Institutionen geht, in dem die Mittel dafür aber auf dem Freizeitmarkt als Massenware angeboten werden, führte zwangsläufig zu einer Vereinheitlichung der allseitigen Entwicklung des Individuums, die sich formierte über Fernsehen, Auto und Mallorca-Urlaub. Diese sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bilden die Grundlage für die Herausbildung eines Zeitbudgets, das für Menschen der Industrie und späteren „Konsumgesellschaft“ zu einer wichtigen Erfahrung werden und in verschie-denen „freizeitbestimmten“ Kulturformen zum Ausdruck kommen sollte: Ausflüge an Wochenenden und längerfristige Urlaubsreisen, Schaffung von Naherholungsräumen und klassischen Fernreisezielen, Entwicklung von Fremdenverkehrs- und Freizeiteinrichtungen.

Aktuelle Phänomene, wie hohe Arbeitslosigkeit auf der einen, steigende Lebenserwartung auf der anderen Seite lassen allerdings erwerbsfreie Lebensphasen heute in einem neuen Licht erscheinen. Lebensstandardsicherung und Armutsvermeidung, Gesundheitserhaltung bis ins hohe Alter sowie neue Sinnorientierungen des Lebens jenseits von Konto und Karriere machen den ehemaligen „Wohlstandsfaktor Freizeit“ gegenwärtig zu einer gleichermaßen ökonomischen wie sozialen Frage: Wie kann die persönliche und gesellschaftliche Lebens-qualität auch in politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten erhalten und nachhaltig gesichert werden. Frei verfügbare Zeit- und Lebensabschnitte werden immer mehr zur Investition in lebenslanges Lernen, in Gesundheitsförderung und Wohlfühlkonzepte, in Familien- und Nachbarschaftshilfen, aber auch in Unterhaltungs- und Entspannungsprogramme genutzt. Aus einem „Frei von“ bezahlter Arbeit wird zunehmend ein „Frei für“ eine lebenswerte Zukunft. Diesen kulturellen Äußerungen, die sich im Laufe der letzten 150 Jahre herausgebildet und gewandelt haben, gilt das Augenmerk des Seminars.

Empfohlene Literatur
Andersen, Arne: Der Traum vom guten Leben. Alltags- und Konsumgeschichte vom Wirtschaftswunder bis heute. Frankfurt/M.-New York 1992
Becher, Ursula: Geschichte des modernen Lebensstils. Essen – Wohnen – Freizeit – Reisen. München 1990.
Garhammer, Manfred: Wie Europäer ihre Zeit nutzen. Zeitstrukturen und Zeitkulturen im Zeichen der Globalisierung. Berlin 1999.
Giesecke, Hermann: Leben nach der Arbeit. Ursprünge und Perspektiven der Freizeitpädagogik. München 1983.
Gilomen, Hans-Jörg (Hrsg.): Freizeit und Vergnügen vom 14. bis zum 20. Jahrhundert (Temps libre et loisirs du 14e au 20e siécles). Zürich 2005 (= Schweizerische Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 20).
Huck, Gerhard (Hrsg.): Sozialgeschichte der Freizeit. Untersuchungen zum Wandel der Alltagskultur in Deutschland. Wuppertal 1982².
Kemper, Peter: Der Trend zum Event. Frankfurt/M. 2001 (= Suhrkamp-TB, 3096).
König, Wolfgang: Geschichte der Konsumgesellschaft. Stuttgart 2000 (= VSWG Beihefte 154).
12.Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland: Leben in Deutschland. Heidelberg-Berlin 2006 (= Nationalatlas, Bd. 12).
Maase, Kaspar: Grenzenloses Vergnügen. Der Aufstieg der Massenkultur 1850-1970. Frankfurt/M. 2001² (= Europäische Geschichte).
Müller, Hansruedi: Freizeit und Tourismus. Eine Einführung in Theorie und Politik. Bern 19998 (= Berner Studien zu Freizeit und Geschichte, 28).
Opaschowski, Horst W.: Einführung in die Freizeitwissenschaft. Wiesbaden 20085.
Reulecke, Jürgen/Weber, Wolfhard (Hrsg.): Fabrik – Familie – Feierabend. Beiträge zur Sozialgeschichte des Alltags im Industriezeitalter. Wuppertal 1978².
Rybczynski, Witbold: Am Freitag fängt das Leben an. Eine kleine Geschichte der Freizeit. Reinbek bei Hamburg 1993 (= Rororo-Sachbuch, 9389).
Ziessow, Karl-Heinz/Meiners, Uwe (Hrsg.): Zur Schau gestellt. Ritual und Spektakel im ländlichen Raum. Löningen 2003 (= Arbeit und Leben auf dem Lande, Bd. 8).

Englischsprachige Informationen:
Credits: 7

Institution: Lehrstuhl für Europäische Ethnologie

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