SOG-Vortrag | "Ruski doktor": Russische Soft Power in Serbien | Prof. Dr. Jens Herlth (Fribourg)Veranstalter: Slavische Literaturwissenschaft Mittwoch, 26.11.2025: 18:15 - 19:45 Uhr; U2/02.04Der Vortrag untersucht die serbische Gesundheitsillustrierte Ruski doktor, die seit 2016 monatlich erscheint und in mehreren Ländern Ex-Jugoslawiens sowie in der Diaspora verkauft wird. Obwohl Russland im internationalen Vergleich bekanntlich weder durch ein besonders leistungsfähiges Gesundheitssystem noch durch eine besonders hohe Lebenserwartung der Bevölkerung besticht, setzt der Ruski doktor ganz auf die Verbreitung von „authentisch russischem Gesundheitscontent“. Dieser umfasst „traditionelle“ Heilmethoden, pflanzliche Medizin und Esoterik, aber auch schulmedizinisches Wissen. Das Vertrauen der Leserinnen und Leser in eine spezifisch russische Gesundheitskompetenz wird dabei vorausgesetzt. Ein wiederkehrendes Thema ist die emotionale wie ideologische Bindung an Russland – vermittelt über eine vorgestellte „slawische Identität“, einen imaginierten gemeinsamen Körperdiskurs sowie über die Anknüpfung an die Orthodoxie. Der Diskurs um Körper und Gesundheit, ist, wie wir während der Covid-Pandemie gesehen haben, besonders geeignet, zum Einfallstor für Halbwahrheiten und Verschwörungsnarrative zu werden. Im medialen Umfeld des heutigen Serbien ist der achtlose Umgang mit wissenschaftlicher Evidenz gewiss kein Alleinstellungsmerkmal des Ruski doktor. Aber der Fall der Zeitschrift ist doch aufschlussreich, weil man hier sehen kann, wie auf affektiv-körperbezogener Ebene die Botschaft eines vertrauenswürdigen und wohlwollenden Russland transportiert werden soll – und dass es dafür offensichtlich einen Markt gibt.
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