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Gaststudierendenverzeichnis >> Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften >>

Institut für Klassische Philologie und Philosophie

Klassische Philologie

Vorlesungen

 

V Griechische Mythologie in der antiken Literatur

Dozent/in:
Sabine Vogt
Termine:
Di, 10:00 - 12:00, U5/01.17
Inhalt:
Die griechische Mythologie bietet einen schier unerschöpflichen Fundus an Stoffen und Motiven für die Literatur und bildende Kunst seit der Antike bis in unsere Zeit. Das Personal – sei es göttlich, heroisch oder menschlich – ist untereinander verwandtschaftlich verbunden und verstrickt und lässt sich in systematischen Genealogien über wenige Generationen erfassen. Doch obwohl wir alle mit einer Vielzahl von Mythen vertraut sind, sind Fragen nach Definitionen, Funktionsweisen und Entstehung von Mythen in der Forschung nach wie vor umstritten. Die Vorlesung will nach einem kurzen Einblick in diese Forschungsdebatte in den Fokus nehmen, wie diese „traditionelle Erzählungen von kollektiver Bedeutsamkeit“ – so der ‘kleinste gemeinsame Nenner’ der gängigen Mythos-Definitionen (vgl. Walter Burkert u. Fritz Graf) – in der antiken Literatur verhandelt werden.

Dabei sollen anhand ausgewählter Beispiele, die an unterschiedlichen literarischen Fassungen genauer betrachtet werden (z.B. Helena, Herakles, Theseus, Medea, Elektra), sowohl literarische Funktionsweisen von Mythen-Erzählungen (z.B. zur Identitätsstiftung im kollektiven Gedächtnis, als rhetorisches oder moralisches Exemplum, als Allegorien) als auch einige thematische Schwerpunkte (z.B. Generationenkonflikte, Genderzuschreibungen) in den Blick genommen werden.
Empfohlene Literatur:
Graf, Fritz (1985/1999): Griechische Mythologie. Eine Einführung, Düsseldorf: Artemis & Winkler 1999 (Neuausgabe auf der Grundlage der Erstauflage mit demselben Titel, München: Artemis 1985).

Rüpke, Ulrike / Rüpke, Jörg (2010): Die 101 wichtigsten Fragen. Götter und Mythen der Antike, München: C.H.Beck 2010 [beck’sche reihe].

 

V Seneca, Philosophische Schriften

Dozent/in:
Markus Schauer
Termine:
Mi, 18:00 - 20:00, U5/01.22

Philosophie

Philosophie BA

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Die Philosophie und das Absolute

Dozent/in:
Michael Gerten
Termine:
Mo, 16:00 - 18:00, U5/02.18
Inhalt:
Die Philosophie, genauer: jede philosophierende Person, steht unvermeidlich, entweder unbewusst oder mit ausdrücklichem Bewusstsein vor dem Problem des Absoluten, und ebenso unvermeidlich ist sie vor die Wahl zwischen zwei Alternativen gestellt: das Problem zu vermeiden, es zu umschiffen, ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber sich ihm zu stellen, sich auf das Problem einzulassen, ihm nicht auszuweichen.
Die Lehrveranstaltung thematisiert ausdrücklich das Absolute, entscheidet sich also für die zweite Alternative; und wer an dem Seminar teilnehmen will, muss ebenfalls diese Entscheidung schon getroffen haben. Sofern man nicht schon mit beiden Beinen auf dem ‚Boden des Absoluten‘ steht, folgt dieser Entscheidung, das sei hiermit seitens des Seminarleiters versprochen, eine abenteuerliche geistige Reise auf der Suche nach dem Absoluten. Diese Frage nach dem Absoluten und nach dem Verhältnis zwischen Philosophie und dem Absoluten ist eine radikale, eine mutige Frage, sie geht an die Wurzel (radix ist das lat. Wort für Wurzel) – aber nicht nur an die Wurzel der Philosophie, sondern auch an die Wurzel des Lebens, des geistigen Daseins überhaupt.
Das Seminar nähert sich der Frage erst einmal im Ausgang von der Alltagssprache, d.h. von dem Gebrauch der Wörter ‚Absolutes/absolut‘ im alltäglichen Sprechen. Dann wird ein Blick auf historische Thematisierungen des Absoluten geworfen: in Mythologie, Religion, Philosophie, Kunst, (nicht-philosophischen) Wissenschaften.
Mit dem dadurch gesteigerten Problembewusstsein wird die Frage dann systematisch philosophisch angegangen. Zunächst sind Aporien (Sackgassen) von Versuchen, ‚das Absolute‘ zu denken, kritisch aufzudecken. Schon die sprachliche Formulierung „das Absolute“ unterstellt ein substanzielles ‚Etwas‘ mit ‚absoluten Eigenschaften‘ oder mit der Eigenschaft ‚absolut‘. Es wird sich zeigen, dass alles ‚gewöhnliche‘ Denken diesen Fehler einer falschen Verobjektivierung begeht und überwunden werden muss. Ähnliches wird dann bezüglich Versuchen, das Absolute als Subjekt, gar sich selbst als das Absolute zu denken, aufzuzeigen sein. Das Absolute ist nicht einfach Teil der Welt, weder objektiver, noch subjektiver. Es ist aber auch nicht bloß transzendent (überweltlich), sonst könnte es uns nichts angehen, noch nicht einmal als Problem. Überwunden werden müssen auch die gängigen ‚Lösungen‘ dieser Problematik durch vernunftfeindliche oder skeptizistische Haltungen (und ihre Behauptungen, man könne ‚das Absolute‘ nur glauben, nicht wissen).
Die Lösung, der Ausweg aus solchen Sackgassen, kann hier nur als Hypothese aufgestellt werden, die im Seminar kritisch zu rechtfertigen und begründen wäre: Das Absolute ist weder rein transzendent, noch bloß immanent, es ist trans-immanent. Über das ‚Absolute als solches‘ lässt sich weiter nichts sagen als – dass es eben ‚das Absolute ist‘. Aber ‚alles andere‘, das ganze Leben, die ganze Welt der Erscheinungen, ist als Bild des Absoluten zu verstehen. Das Absolute ist auf diese Weise wiederum nicht nur ein Thema der Philosophie unter vielen anderen, sondern letztlich das allumfassende Thema der Philosophie.
Da von hier aus sich die spezifischeren philosophischen Fragen, etwa die nach absoluter Erkenntnis, absoluten Werten, absoluter Moral, absoluten Erfahrungen usw., ergeben, lädt der Dozent nicht nur Fortgeschrittene, sondern ausdrücklich auch philosophischen Anfängern zur Seminarteilnahme ein.
Das Seminar wird durchgehend in der Form des Sokratischen Dialogs durchgeführt.
Prüfungsform: Hausarbeit nach dem Seminar.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Die Philosophie und das Absolute

Dozent/in:
Michael Gerten
Termine:
Mo, 16:00 - 18:00, U5/02.18
Inhalt:
Die Philosophie, genauer: jede philosophierende Person, steht unvermeidlich, entweder unbewusst oder mit ausdrücklichem Bewusstsein vor dem Problem des Absoluten, und ebenso unvermeidlich ist sie vor die Wahl zwischen zwei Alternativen gestellt: das Problem zu vermeiden, es zu umschiffen, ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber sich ihm zu stellen, sich auf das Problem einzulassen, ihm nicht auszuweichen.
Die Lehrveranstaltung thematisiert ausdrücklich das Absolute, entscheidet sich also für die zweite Alternative; und wer an dem Seminar teilnehmen will, muss ebenfalls diese Entscheidung schon getroffen haben. Sofern man nicht schon mit beiden Beinen auf dem ‚Boden des Absoluten‘ steht, folgt dieser Entscheidung, das sei hiermit seitens des Seminarleiters versprochen, eine abenteuerliche geistige Reise auf der Suche nach dem Absoluten. Diese Frage nach dem Absoluten und nach dem Verhältnis zwischen Philosophie und dem Absoluten ist eine radikale, eine mutige Frage, sie geht an die Wurzel (radix ist das lat. Wort für Wurzel) – aber nicht nur an die Wurzel der Philosophie, sondern auch an die Wurzel des Lebens, des geistigen Daseins überhaupt.
Das Seminar nähert sich der Frage erst einmal im Ausgang von der Alltagssprache, d.h. von dem Gebrauch der Wörter ‚Absolutes/absolut‘ im alltäglichen Sprechen. Dann wird ein Blick auf historische Thematisierungen des Absoluten geworfen: in Mythologie, Religion, Philosophie, Kunst, (nicht-philosophischen) Wissenschaften.
Mit dem dadurch gesteigerten Problembewusstsein wird die Frage dann systematisch philosophisch angegangen. Zunächst sind Aporien (Sackgassen) von Versuchen, ‚das Absolute‘ zu denken, kritisch aufzudecken. Schon die sprachliche Formulierung „das Absolute“ unterstellt ein substanzielles ‚Etwas‘ mit ‚absoluten Eigenschaften‘ oder mit der Eigenschaft ‚absolut‘. Es wird sich zeigen, dass alles ‚gewöhnliche‘ Denken diesen Fehler einer falschen Verobjektivierung begeht und überwunden werden muss. Ähnliches wird dann bezüglich Versuchen, das Absolute als Subjekt, gar sich selbst als das Absolute zu denken, aufzuzeigen sein. Das Absolute ist nicht einfach Teil der Welt, weder objektiver, noch subjektiver. Es ist aber auch nicht bloß transzendent (überweltlich), sonst könnte es uns nichts angehen, noch nicht einmal als Problem. Überwunden werden müssen auch die gängigen ‚Lösungen‘ dieser Problematik durch vernunftfeindliche oder skeptizistische Haltungen (und ihre Behauptungen, man könne ‚das Absolute‘ nur glauben, nicht wissen).
Die Lösung, der Ausweg aus solchen Sackgassen, kann hier nur als Hypothese aufgestellt werden, die im Seminar kritisch zu rechtfertigen und begründen wäre: Das Absolute ist weder rein transzendent, noch bloß immanent, es ist trans-immanent. Über das ‚Absolute als solches‘ lässt sich weiter nichts sagen als – dass es eben ‚das Absolute ist‘. Aber ‚alles andere‘, das ganze Leben, die ganze Welt der Erscheinungen, ist als Bild des Absoluten zu verstehen. Das Absolute ist auf diese Weise wiederum nicht nur ein Thema der Philosophie unter vielen anderen, sondern letztlich das allumfassende Thema der Philosophie.
Da von hier aus sich die spezifischeren philosophischen Fragen, etwa die nach absoluter Erkenntnis, absoluten Werten, absoluter Moral, absoluten Erfahrungen usw., ergeben, lädt der Dozent nicht nur Fortgeschrittene, sondern ausdrücklich auch philosophischen Anfängern zur Seminarteilnahme ein.
Das Seminar wird durchgehend in der Form des Sokratischen Dialogs durchgeführt.
Prüfungsform: Hausarbeit nach dem Seminar.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Die Philosophie und das Absolute

Dozent/in:
Michael Gerten
Termine:
Mo, 16:00 - 18:00, U5/02.18
Inhalt:
Die Philosophie, genauer: jede philosophierende Person, steht unvermeidlich, entweder unbewusst oder mit ausdrücklichem Bewusstsein vor dem Problem des Absoluten, und ebenso unvermeidlich ist sie vor die Wahl zwischen zwei Alternativen gestellt: das Problem zu vermeiden, es zu umschiffen, ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber sich ihm zu stellen, sich auf das Problem einzulassen, ihm nicht auszuweichen.
Die Lehrveranstaltung thematisiert ausdrücklich das Absolute, entscheidet sich also für die zweite Alternative; und wer an dem Seminar teilnehmen will, muss ebenfalls diese Entscheidung schon getroffen haben. Sofern man nicht schon mit beiden Beinen auf dem ‚Boden des Absoluten‘ steht, folgt dieser Entscheidung, das sei hiermit seitens des Seminarleiters versprochen, eine abenteuerliche geistige Reise auf der Suche nach dem Absoluten. Diese Frage nach dem Absoluten und nach dem Verhältnis zwischen Philosophie und dem Absoluten ist eine radikale, eine mutige Frage, sie geht an die Wurzel (radix ist das lat. Wort für Wurzel) – aber nicht nur an die Wurzel der Philosophie, sondern auch an die Wurzel des Lebens, des geistigen Daseins überhaupt.
Das Seminar nähert sich der Frage erst einmal im Ausgang von der Alltagssprache, d.h. von dem Gebrauch der Wörter ‚Absolutes/absolut‘ im alltäglichen Sprechen. Dann wird ein Blick auf historische Thematisierungen des Absoluten geworfen: in Mythologie, Religion, Philosophie, Kunst, (nicht-philosophischen) Wissenschaften.
Mit dem dadurch gesteigerten Problembewusstsein wird die Frage dann systematisch philosophisch angegangen. Zunächst sind Aporien (Sackgassen) von Versuchen, ‚das Absolute‘ zu denken, kritisch aufzudecken. Schon die sprachliche Formulierung „das Absolute“ unterstellt ein substanzielles ‚Etwas‘ mit ‚absoluten Eigenschaften‘ oder mit der Eigenschaft ‚absolut‘. Es wird sich zeigen, dass alles ‚gewöhnliche‘ Denken diesen Fehler einer falschen Verobjektivierung begeht und überwunden werden muss. Ähnliches wird dann bezüglich Versuchen, das Absolute als Subjekt, gar sich selbst als das Absolute zu denken, aufzuzeigen sein. Das Absolute ist nicht einfach Teil der Welt, weder objektiver, noch subjektiver. Es ist aber auch nicht bloß transzendent (überweltlich), sonst könnte es uns nichts angehen, noch nicht einmal als Problem. Überwunden werden müssen auch die gängigen ‚Lösungen‘ dieser Problematik durch vernunftfeindliche oder skeptizistische Haltungen (und ihre Behauptungen, man könne ‚das Absolute‘ nur glauben, nicht wissen).
Die Lösung, der Ausweg aus solchen Sackgassen, kann hier nur als Hypothese aufgestellt werden, die im Seminar kritisch zu rechtfertigen und begründen wäre: Das Absolute ist weder rein transzendent, noch bloß immanent, es ist trans-immanent. Über das ‚Absolute als solches‘ lässt sich weiter nichts sagen als – dass es eben ‚das Absolute ist‘. Aber ‚alles andere‘, das ganze Leben, die ganze Welt der Erscheinungen, ist als Bild des Absoluten zu verstehen. Das Absolute ist auf diese Weise wiederum nicht nur ein Thema der Philosophie unter vielen anderen, sondern letztlich das allumfassende Thema der Philosophie.
Da von hier aus sich die spezifischeren philosophischen Fragen, etwa die nach absoluter Erkenntnis, absoluten Werten, absoluter Moral, absoluten Erfahrungen usw., ergeben, lädt der Dozent nicht nur Fortgeschrittene, sondern ausdrücklich auch philosophischen Anfängern zur Seminarteilnahme ein.
Das Seminar wird durchgehend in der Form des Sokratischen Dialogs durchgeführt.
Prüfungsform: Hausarbeit nach dem Seminar.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

Philosophie MA

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

Die Philosophie und das Absolute

Dozent/in:
Michael Gerten
Termine:
Mo, 16:00 - 18:00, U5/02.18
Inhalt:
Die Philosophie, genauer: jede philosophierende Person, steht unvermeidlich, entweder unbewusst oder mit ausdrücklichem Bewusstsein vor dem Problem des Absoluten, und ebenso unvermeidlich ist sie vor die Wahl zwischen zwei Alternativen gestellt: das Problem zu vermeiden, es zu umschiffen, ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber sich ihm zu stellen, sich auf das Problem einzulassen, ihm nicht auszuweichen.
Die Lehrveranstaltung thematisiert ausdrücklich das Absolute, entscheidet sich also für die zweite Alternative; und wer an dem Seminar teilnehmen will, muss ebenfalls diese Entscheidung schon getroffen haben. Sofern man nicht schon mit beiden Beinen auf dem ‚Boden des Absoluten‘ steht, folgt dieser Entscheidung, das sei hiermit seitens des Seminarleiters versprochen, eine abenteuerliche geistige Reise auf der Suche nach dem Absoluten. Diese Frage nach dem Absoluten und nach dem Verhältnis zwischen Philosophie und dem Absoluten ist eine radikale, eine mutige Frage, sie geht an die Wurzel (radix ist das lat. Wort für Wurzel) – aber nicht nur an die Wurzel der Philosophie, sondern auch an die Wurzel des Lebens, des geistigen Daseins überhaupt.
Das Seminar nähert sich der Frage erst einmal im Ausgang von der Alltagssprache, d.h. von dem Gebrauch der Wörter ‚Absolutes/absolut‘ im alltäglichen Sprechen. Dann wird ein Blick auf historische Thematisierungen des Absoluten geworfen: in Mythologie, Religion, Philosophie, Kunst, (nicht-philosophischen) Wissenschaften.
Mit dem dadurch gesteigerten Problembewusstsein wird die Frage dann systematisch philosophisch angegangen. Zunächst sind Aporien (Sackgassen) von Versuchen, ‚das Absolute‘ zu denken, kritisch aufzudecken. Schon die sprachliche Formulierung „das Absolute“ unterstellt ein substanzielles ‚Etwas‘ mit ‚absoluten Eigenschaften‘ oder mit der Eigenschaft ‚absolut‘. Es wird sich zeigen, dass alles ‚gewöhnliche‘ Denken diesen Fehler einer falschen Verobjektivierung begeht und überwunden werden muss. Ähnliches wird dann bezüglich Versuchen, das Absolute als Subjekt, gar sich selbst als das Absolute zu denken, aufzuzeigen sein. Das Absolute ist nicht einfach Teil der Welt, weder objektiver, noch subjektiver. Es ist aber auch nicht bloß transzendent (überweltlich), sonst könnte es uns nichts angehen, noch nicht einmal als Problem. Überwunden werden müssen auch die gängigen ‚Lösungen‘ dieser Problematik durch vernunftfeindliche oder skeptizistische Haltungen (und ihre Behauptungen, man könne ‚das Absolute‘ nur glauben, nicht wissen).
Die Lösung, der Ausweg aus solchen Sackgassen, kann hier nur als Hypothese aufgestellt werden, die im Seminar kritisch zu rechtfertigen und begründen wäre: Das Absolute ist weder rein transzendent, noch bloß immanent, es ist trans-immanent. Über das ‚Absolute als solches‘ lässt sich weiter nichts sagen als – dass es eben ‚das Absolute ist‘. Aber ‚alles andere‘, das ganze Leben, die ganze Welt der Erscheinungen, ist als Bild des Absoluten zu verstehen. Das Absolute ist auf diese Weise wiederum nicht nur ein Thema der Philosophie unter vielen anderen, sondern letztlich das allumfassende Thema der Philosophie.
Da von hier aus sich die spezifischeren philosophischen Fragen, etwa die nach absoluter Erkenntnis, absoluten Werten, absoluter Moral, absoluten Erfahrungen usw., ergeben, lädt der Dozent nicht nur Fortgeschrittene, sondern ausdrücklich auch philosophischen Anfängern zur Seminarteilnahme ein.
Das Seminar wird durchgehend in der Form des Sokratischen Dialogs durchgeführt.
Prüfungsform: Hausarbeit nach dem Seminar.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Die Philosophie und das Absolute

Dozent/in:
Michael Gerten
Termine:
Mo, 16:00 - 18:00, U5/02.18
Inhalt:
Die Philosophie, genauer: jede philosophierende Person, steht unvermeidlich, entweder unbewusst oder mit ausdrücklichem Bewusstsein vor dem Problem des Absoluten, und ebenso unvermeidlich ist sie vor die Wahl zwischen zwei Alternativen gestellt: das Problem zu vermeiden, es zu umschiffen, ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber sich ihm zu stellen, sich auf das Problem einzulassen, ihm nicht auszuweichen.
Die Lehrveranstaltung thematisiert ausdrücklich das Absolute, entscheidet sich also für die zweite Alternative; und wer an dem Seminar teilnehmen will, muss ebenfalls diese Entscheidung schon getroffen haben. Sofern man nicht schon mit beiden Beinen auf dem ‚Boden des Absoluten‘ steht, folgt dieser Entscheidung, das sei hiermit seitens des Seminarleiters versprochen, eine abenteuerliche geistige Reise auf der Suche nach dem Absoluten. Diese Frage nach dem Absoluten und nach dem Verhältnis zwischen Philosophie und dem Absoluten ist eine radikale, eine mutige Frage, sie geht an die Wurzel (radix ist das lat. Wort für Wurzel) – aber nicht nur an die Wurzel der Philosophie, sondern auch an die Wurzel des Lebens, des geistigen Daseins überhaupt.
Das Seminar nähert sich der Frage erst einmal im Ausgang von der Alltagssprache, d.h. von dem Gebrauch der Wörter ‚Absolutes/absolut‘ im alltäglichen Sprechen. Dann wird ein Blick auf historische Thematisierungen des Absoluten geworfen: in Mythologie, Religion, Philosophie, Kunst, (nicht-philosophischen) Wissenschaften.
Mit dem dadurch gesteigerten Problembewusstsein wird die Frage dann systematisch philosophisch angegangen. Zunächst sind Aporien (Sackgassen) von Versuchen, ‚das Absolute‘ zu denken, kritisch aufzudecken. Schon die sprachliche Formulierung „das Absolute“ unterstellt ein substanzielles ‚Etwas‘ mit ‚absoluten Eigenschaften‘ oder mit der Eigenschaft ‚absolut‘. Es wird sich zeigen, dass alles ‚gewöhnliche‘ Denken diesen Fehler einer falschen Verobjektivierung begeht und überwunden werden muss. Ähnliches wird dann bezüglich Versuchen, das Absolute als Subjekt, gar sich selbst als das Absolute zu denken, aufzuzeigen sein. Das Absolute ist nicht einfach Teil der Welt, weder objektiver, noch subjektiver. Es ist aber auch nicht bloß transzendent (überweltlich), sonst könnte es uns nichts angehen, noch nicht einmal als Problem. Überwunden werden müssen auch die gängigen ‚Lösungen‘ dieser Problematik durch vernunftfeindliche oder skeptizistische Haltungen (und ihre Behauptungen, man könne ‚das Absolute‘ nur glauben, nicht wissen).
Die Lösung, der Ausweg aus solchen Sackgassen, kann hier nur als Hypothese aufgestellt werden, die im Seminar kritisch zu rechtfertigen und begründen wäre: Das Absolute ist weder rein transzendent, noch bloß immanent, es ist trans-immanent. Über das ‚Absolute als solches‘ lässt sich weiter nichts sagen als – dass es eben ‚das Absolute ist‘. Aber ‚alles andere‘, das ganze Leben, die ganze Welt der Erscheinungen, ist als Bild des Absoluten zu verstehen. Das Absolute ist auf diese Weise wiederum nicht nur ein Thema der Philosophie unter vielen anderen, sondern letztlich das allumfassende Thema der Philosophie.
Da von hier aus sich die spezifischeren philosophischen Fragen, etwa die nach absoluter Erkenntnis, absoluten Werten, absoluter Moral, absoluten Erfahrungen usw., ergeben, lädt der Dozent nicht nur Fortgeschrittene, sondern ausdrücklich auch philosophischen Anfängern zur Seminarteilnahme ein.
Das Seminar wird durchgehend in der Form des Sokratischen Dialogs durchgeführt.
Prüfungsform: Hausarbeit nach dem Seminar.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.

 

"Das Philosophische Nachtcafé"

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 16:00 - 18:00, U7/01.05
Einzeltermin am 27.4.2023, Einzeltermin am 22.6.2023, 16:00 - 18:00, U2/01.33
Inhalt:
In der Übung Philosophisches Nachtcafé probieren wir das Philosophieren mit einem interessierten Publikum im öffentlichen Raum außerhalb der Universität aus. Wir konzipieren mehrere Themenabende und führen diese in Bamberg, Forchheim, Fürth und Schweinfurt für ein bunt gemischtes Publikum durch. Anschließend werten wir die Veranstaltungen aus, vergleichen sie und passen unsere Konzeptionen an die Realität an. Wer an dieser Übung teilnehmen möchte, besucht alle Planungs-/Auswertungssitzungen und wirkt an einzelnen Veranstaltungsabenden in unterschiedlichen Rollen mit: von der technischen Organisation über die inhaltliche Diskussionsleitung bis zum feedbackgebenden Beobachter. Den Termin- und Themenplan besprechen wir in den ersten Wochen des Semesters.

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

Philosophie LA

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Die Philosophie und das Absolute

Dozent/in:
Michael Gerten
Termine:
Mo, 16:00 - 18:00, U5/02.18
Inhalt:
Die Philosophie, genauer: jede philosophierende Person, steht unvermeidlich, entweder unbewusst oder mit ausdrücklichem Bewusstsein vor dem Problem des Absoluten, und ebenso unvermeidlich ist sie vor die Wahl zwischen zwei Alternativen gestellt: das Problem zu vermeiden, es zu umschiffen, ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber sich ihm zu stellen, sich auf das Problem einzulassen, ihm nicht auszuweichen.
Die Lehrveranstaltung thematisiert ausdrücklich das Absolute, entscheidet sich also für die zweite Alternative; und wer an dem Seminar teilnehmen will, muss ebenfalls diese Entscheidung schon getroffen haben. Sofern man nicht schon mit beiden Beinen auf dem ‚Boden des Absoluten‘ steht, folgt dieser Entscheidung, das sei hiermit seitens des Seminarleiters versprochen, eine abenteuerliche geistige Reise auf der Suche nach dem Absoluten. Diese Frage nach dem Absoluten und nach dem Verhältnis zwischen Philosophie und dem Absoluten ist eine radikale, eine mutige Frage, sie geht an die Wurzel (radix ist das lat. Wort für Wurzel) – aber nicht nur an die Wurzel der Philosophie, sondern auch an die Wurzel des Lebens, des geistigen Daseins überhaupt.
Das Seminar nähert sich der Frage erst einmal im Ausgang von der Alltagssprache, d.h. von dem Gebrauch der Wörter ‚Absolutes/absolut‘ im alltäglichen Sprechen. Dann wird ein Blick auf historische Thematisierungen des Absoluten geworfen: in Mythologie, Religion, Philosophie, Kunst, (nicht-philosophischen) Wissenschaften.
Mit dem dadurch gesteigerten Problembewusstsein wird die Frage dann systematisch philosophisch angegangen. Zunächst sind Aporien (Sackgassen) von Versuchen, ‚das Absolute‘ zu denken, kritisch aufzudecken. Schon die sprachliche Formulierung „das Absolute“ unterstellt ein substanzielles ‚Etwas‘ mit ‚absoluten Eigenschaften‘ oder mit der Eigenschaft ‚absolut‘. Es wird sich zeigen, dass alles ‚gewöhnliche‘ Denken diesen Fehler einer falschen Verobjektivierung begeht und überwunden werden muss. Ähnliches wird dann bezüglich Versuchen, das Absolute als Subjekt, gar sich selbst als das Absolute zu denken, aufzuzeigen sein. Das Absolute ist nicht einfach Teil der Welt, weder objektiver, noch subjektiver. Es ist aber auch nicht bloß transzendent (überweltlich), sonst könnte es uns nichts angehen, noch nicht einmal als Problem. Überwunden werden müssen auch die gängigen ‚Lösungen‘ dieser Problematik durch vernunftfeindliche oder skeptizistische Haltungen (und ihre Behauptungen, man könne ‚das Absolute‘ nur glauben, nicht wissen).
Die Lösung, der Ausweg aus solchen Sackgassen, kann hier nur als Hypothese aufgestellt werden, die im Seminar kritisch zu rechtfertigen und begründen wäre: Das Absolute ist weder rein transzendent, noch bloß immanent, es ist trans-immanent. Über das ‚Absolute als solches‘ lässt sich weiter nichts sagen als – dass es eben ‚das Absolute ist‘. Aber ‚alles andere‘, das ganze Leben, die ganze Welt der Erscheinungen, ist als Bild des Absoluten zu verstehen. Das Absolute ist auf diese Weise wiederum nicht nur ein Thema der Philosophie unter vielen anderen, sondern letztlich das allumfassende Thema der Philosophie.
Da von hier aus sich die spezifischeren philosophischen Fragen, etwa die nach absoluter Erkenntnis, absoluten Werten, absoluter Moral, absoluten Erfahrungen usw., ergeben, lädt der Dozent nicht nur Fortgeschrittene, sondern ausdrücklich auch philosophischen Anfängern zur Seminarteilnahme ein.
Das Seminar wird durchgehend in der Form des Sokratischen Dialogs durchgeführt.
Prüfungsform: Hausarbeit nach dem Seminar.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Die Philosophie und das Absolute

Dozent/in:
Michael Gerten
Termine:
Mo, 16:00 - 18:00, U5/02.18
Inhalt:
Die Philosophie, genauer: jede philosophierende Person, steht unvermeidlich, entweder unbewusst oder mit ausdrücklichem Bewusstsein vor dem Problem des Absoluten, und ebenso unvermeidlich ist sie vor die Wahl zwischen zwei Alternativen gestellt: das Problem zu vermeiden, es zu umschiffen, ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber sich ihm zu stellen, sich auf das Problem einzulassen, ihm nicht auszuweichen.
Die Lehrveranstaltung thematisiert ausdrücklich das Absolute, entscheidet sich also für die zweite Alternative; und wer an dem Seminar teilnehmen will, muss ebenfalls diese Entscheidung schon getroffen haben. Sofern man nicht schon mit beiden Beinen auf dem ‚Boden des Absoluten‘ steht, folgt dieser Entscheidung, das sei hiermit seitens des Seminarleiters versprochen, eine abenteuerliche geistige Reise auf der Suche nach dem Absoluten. Diese Frage nach dem Absoluten und nach dem Verhältnis zwischen Philosophie und dem Absoluten ist eine radikale, eine mutige Frage, sie geht an die Wurzel (radix ist das lat. Wort für Wurzel) – aber nicht nur an die Wurzel der Philosophie, sondern auch an die Wurzel des Lebens, des geistigen Daseins überhaupt.
Das Seminar nähert sich der Frage erst einmal im Ausgang von der Alltagssprache, d.h. von dem Gebrauch der Wörter ‚Absolutes/absolut‘ im alltäglichen Sprechen. Dann wird ein Blick auf historische Thematisierungen des Absoluten geworfen: in Mythologie, Religion, Philosophie, Kunst, (nicht-philosophischen) Wissenschaften.
Mit dem dadurch gesteigerten Problembewusstsein wird die Frage dann systematisch philosophisch angegangen. Zunächst sind Aporien (Sackgassen) von Versuchen, ‚das Absolute‘ zu denken, kritisch aufzudecken. Schon die sprachliche Formulierung „das Absolute“ unterstellt ein substanzielles ‚Etwas‘ mit ‚absoluten Eigenschaften‘ oder mit der Eigenschaft ‚absolut‘. Es wird sich zeigen, dass alles ‚gewöhnliche‘ Denken diesen Fehler einer falschen Verobjektivierung begeht und überwunden werden muss. Ähnliches wird dann bezüglich Versuchen, das Absolute als Subjekt, gar sich selbst als das Absolute zu denken, aufzuzeigen sein. Das Absolute ist nicht einfach Teil der Welt, weder objektiver, noch subjektiver. Es ist aber auch nicht bloß transzendent (überweltlich), sonst könnte es uns nichts angehen, noch nicht einmal als Problem. Überwunden werden müssen auch die gängigen ‚Lösungen‘ dieser Problematik durch vernunftfeindliche oder skeptizistische Haltungen (und ihre Behauptungen, man könne ‚das Absolute‘ nur glauben, nicht wissen).
Die Lösung, der Ausweg aus solchen Sackgassen, kann hier nur als Hypothese aufgestellt werden, die im Seminar kritisch zu rechtfertigen und begründen wäre: Das Absolute ist weder rein transzendent, noch bloß immanent, es ist trans-immanent. Über das ‚Absolute als solches‘ lässt sich weiter nichts sagen als – dass es eben ‚das Absolute ist‘. Aber ‚alles andere‘, das ganze Leben, die ganze Welt der Erscheinungen, ist als Bild des Absoluten zu verstehen. Das Absolute ist auf diese Weise wiederum nicht nur ein Thema der Philosophie unter vielen anderen, sondern letztlich das allumfassende Thema der Philosophie.
Da von hier aus sich die spezifischeren philosophischen Fragen, etwa die nach absoluter Erkenntnis, absoluten Werten, absoluter Moral, absoluten Erfahrungen usw., ergeben, lädt der Dozent nicht nur Fortgeschrittene, sondern ausdrücklich auch philosophischen Anfängern zur Seminarteilnahme ein.
Das Seminar wird durchgehend in der Form des Sokratischen Dialogs durchgeführt.
Prüfungsform: Hausarbeit nach dem Seminar.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.

Philosophie für EWS-Studium

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Die Philosophie und das Absolute

Dozent/in:
Michael Gerten
Termine:
Mo, 16:00 - 18:00, U5/02.18
Inhalt:
Die Philosophie, genauer: jede philosophierende Person, steht unvermeidlich, entweder unbewusst oder mit ausdrücklichem Bewusstsein vor dem Problem des Absoluten, und ebenso unvermeidlich ist sie vor die Wahl zwischen zwei Alternativen gestellt: das Problem zu vermeiden, es zu umschiffen, ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber sich ihm zu stellen, sich auf das Problem einzulassen, ihm nicht auszuweichen.
Die Lehrveranstaltung thematisiert ausdrücklich das Absolute, entscheidet sich also für die zweite Alternative; und wer an dem Seminar teilnehmen will, muss ebenfalls diese Entscheidung schon getroffen haben. Sofern man nicht schon mit beiden Beinen auf dem ‚Boden des Absoluten‘ steht, folgt dieser Entscheidung, das sei hiermit seitens des Seminarleiters versprochen, eine abenteuerliche geistige Reise auf der Suche nach dem Absoluten. Diese Frage nach dem Absoluten und nach dem Verhältnis zwischen Philosophie und dem Absoluten ist eine radikale, eine mutige Frage, sie geht an die Wurzel (radix ist das lat. Wort für Wurzel) – aber nicht nur an die Wurzel der Philosophie, sondern auch an die Wurzel des Lebens, des geistigen Daseins überhaupt.
Das Seminar nähert sich der Frage erst einmal im Ausgang von der Alltagssprache, d.h. von dem Gebrauch der Wörter ‚Absolutes/absolut‘ im alltäglichen Sprechen. Dann wird ein Blick auf historische Thematisierungen des Absoluten geworfen: in Mythologie, Religion, Philosophie, Kunst, (nicht-philosophischen) Wissenschaften.
Mit dem dadurch gesteigerten Problembewusstsein wird die Frage dann systematisch philosophisch angegangen. Zunächst sind Aporien (Sackgassen) von Versuchen, ‚das Absolute‘ zu denken, kritisch aufzudecken. Schon die sprachliche Formulierung „das Absolute“ unterstellt ein substanzielles ‚Etwas‘ mit ‚absoluten Eigenschaften‘ oder mit der Eigenschaft ‚absolut‘. Es wird sich zeigen, dass alles ‚gewöhnliche‘ Denken diesen Fehler einer falschen Verobjektivierung begeht und überwunden werden muss. Ähnliches wird dann bezüglich Versuchen, das Absolute als Subjekt, gar sich selbst als das Absolute zu denken, aufzuzeigen sein. Das Absolute ist nicht einfach Teil der Welt, weder objektiver, noch subjektiver. Es ist aber auch nicht bloß transzendent (überweltlich), sonst könnte es uns nichts angehen, noch nicht einmal als Problem. Überwunden werden müssen auch die gängigen ‚Lösungen‘ dieser Problematik durch vernunftfeindliche oder skeptizistische Haltungen (und ihre Behauptungen, man könne ‚das Absolute‘ nur glauben, nicht wissen).
Die Lösung, der Ausweg aus solchen Sackgassen, kann hier nur als Hypothese aufgestellt werden, die im Seminar kritisch zu rechtfertigen und begründen wäre: Das Absolute ist weder rein transzendent, noch bloß immanent, es ist trans-immanent. Über das ‚Absolute als solches‘ lässt sich weiter nichts sagen als – dass es eben ‚das Absolute ist‘. Aber ‚alles andere‘, das ganze Leben, die ganze Welt der Erscheinungen, ist als Bild des Absoluten zu verstehen. Das Absolute ist auf diese Weise wiederum nicht nur ein Thema der Philosophie unter vielen anderen, sondern letztlich das allumfassende Thema der Philosophie.
Da von hier aus sich die spezifischeren philosophischen Fragen, etwa die nach absoluter Erkenntnis, absoluten Werten, absoluter Moral, absoluten Erfahrungen usw., ergeben, lädt der Dozent nicht nur Fortgeschrittene, sondern ausdrücklich auch philosophischen Anfängern zur Seminarteilnahme ein.
Das Seminar wird durchgehend in der Form des Sokratischen Dialogs durchgeführt.
Prüfungsform: Hausarbeit nach dem Seminar.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.

Philosophie gesamt

 

Aristoteles: Politik

Dozent/in:
Florian König
Termine:
Fr, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Einzeltermin am 19.5.2023, 14:00 - 16:00, U2/00.26
Einzeltermin am 16.6.2023, Einzeltermin am 30.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.36
Inhalt:
Aristoteles Politik beschäftigt sich mit dem philosophischen Wissen über das Politische (ta politika) wie auch mit der politischen Expertise selbst (politik techn ), die Entscheidungsträger bei der Einrichtung und Führung von Staaten betrifft. Das Werk besteht aus mehreren Manuskripten, die posthum zu einer Schrift zusammengeführt wurden. Aristoteles behandelt darin u. a. die Fragen, was ein Staat ist und worin sein Zweck besteht, aus welchen Bestandteilen ein Staat zusammengesetzt ist und welche Verfassungsformen man nach welchen Kriterien unterscheiden kann, außerdem wie und warum es zum Wechsel von Staatsverfassungen kommt und wie man ihrem Verfall jeweils entgegenwirken kann, und schließlich welche als die beste Verfassung angesehen werden kann. Die von Aristoteles zusammengetragen und diskutierten Positionen sowie seine eigenen Methoden und Argumente können als grundlegend für die politische Philosophie betrachtet werden. Auch gegenwärtige Positionen und Probleme können anhand der Schrift diskutiert werden.
Im Seminar werden ausgewählte Ausschnitte aus Aristoteles' Politik gelesen. Je nach Lese- und Diskussionstempo können mögliche Fragestellungen und Themenschwerpunkte des Seminars sein: In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Politik, philosophisches Wissen und politische Expertise? Ist der Zweck des Staates innere und äußere Sicherheit oder das gute Leben? Welche Rolle spielt tugendhaftes Verhalten für die Gestaltung der politischen Gemeinschaft (Stichwort virtuism)? Was ist Sklaverei und welche Argumente gibt es dafür und dagegen? Welche Auffassung distributiver Gerechtigkeit findet sich bei Aristoteles (siehe auch Buch 5 seiner Nikomachischen Ethik)? Was ist eine Mischverfassung, welche Vorteile hat sie und welchen Gefahren ist sie ausgesetzt?
Es besteht die Möglichkeit, dass die Studierenden als kleine Schreibübung einen Tag vor der Sitzung Fragen zur jeweiligen Textportion schriftlich per Mail an den Dozenten senden, welche dann als Diskussionsgrundlage für die Sitzung dienen. Das Seminar wird abgeschlossen durch einen Essay gemäß Prüfungs- und Studienordnung, Modulhandbuch und Essayrichtlinien.
Empfohlene Literatur:
Wir lesen die Übersetzung ins Deutsche von Eckart Schütrumpf, die inzwischen im Meinerverlag erhältlich ist (Aristoteles: Politik, Hamburg 2012 und Nachdrucke). Auf Sekundärliteratur wird in der ersten Sitzung hingewiesen.

 

Blockseminar: Platon, Euthyphron

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Einzeltermin am 18.9.2023, Einzeltermin am 19.9.2023, Einzeltermin am 20.9.2023, 10:00 - 16:00, U2/00.26
Vorbesprechung: Mittwoch, 5.7.2023, 18:00 - 20:00 Uhr, U2/01.36
Inhalt:
Da möchte Euthyphron also seinen Vater wegen Totschlags an einem Landarbeiter vor Gericht bringen. Den eigenen Vater? Ob er das nicht pietätlos finde, möchte Sokrates wissen. Euthyphron aber ist eisern davon überzeugt, was richtig ist, ist richtig, auch ohne Ansehen der Person, Pietät oder sowas dürfe da keine Rolle spielen. Daraus entwickelt sich alsgleich ein typischer aber was ist denn eigentlich X-heit -Dialog Platons. In diesem Fall: Was ist das eigentlich: Frömmigkeit, oder Pietät, oder Ehrfürchtigkeit? Sokrates und Euthyphron werden sich darüber nicht einig. Aber in ihrem ergebnislosen Gespräch um korrektes Verhalten und richtige Haltung diskutieren sie etliche interessante theologische und moralische (und teilweise auch kulturell relevante) Fragen und dabei unter anderem ein brisantes Problem, das in der Forschungsliteratur entsprechend als Euthyphron-Dilemma bezeichnet wird. Wir werden ohne schriftliche Textvorgabe arbeiten und für die Interpretation und Diskussion eine Audioaufnahme des Euthyphron zugrunde legen. Es wird also ein Hörseminar werden, in dem zu erleben sein wird, wie sich dieses von Platon als rege Diskussion ausgearbeitete Gespräch auch ohne das Nachlesen im Text verstehen lässt.
Empfohlene Literatur:
Ein guter Überblick und Ersteinstieg ist der Kommentar Maximilian Forschners zu seiner Übersetzung des Euthyphron (Göttingen 2013). Weitere Empfehlungen zur Sekundärliteratur werden im Seminarverlauf nachgereicht.

 

Hegel und die Geschichte der Philosophie

Dozent/in:
Marko Fuchs
Termine:
Do, 18:00 - 20:00, U5/01.22
Inhalt:
„Was die Geschichte der Philosophie uns darstellt, ist die Reihe der edeln Geister, die Galerie der Heroen der denkenden Vernunft, welche in Kraft dieser Vernunft in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes, in das Wesen Gottes eingedrungen sind und uns den höchsten Schatz, den Schatz der Vernunfterkenntnis erarbeitet haben“ (Hegel, 1820). Die Vorlesung wird herausarbeiten, wie Hegel das Verhältnis der Philosophie – einschließlich seiner eigenen – zu ihrer Geschichte konzipiert, wieso seiner Auffassung nach Philosophie nicht nur de facto eine Geschichte hat, sondern auch haben muss, und wie er vor diesem Hintergrund bedeutende philosophiehistorische Gestalten wie Aristoteles, Spinoza und Kant rekonstruiert. Studierende gewinnen einen Einblick in eine der zentralen, aber auch neuralgischen Systemstellen von Hegels Denken.

 

Platon Politeia

Dozent/in:
Christian Schäfer
Termine:
Di, 18:00 - 20:00, U2/01.33
Einzeltermin am 25.7.2023, 18:00 - 20:00, U2/01.33
20.06.23 dieser Termin fällt aus aufgrund der Hegelwoche - bitte beachten!
Inhalt:
Die Politeia ist ein philosophischer Kosmos und keine Vorlesung der Welt könnte den auch nur in der Hälfte seiner grundlegenden Aspekte besprechen, geschweige denn erklären. Für die Vorlesung dieses Sommersemesters ist es daher das Darstellungsziel, lediglich den ersten, konstruktiven Teil der Schrift aus immerhin einer bestimmten Perspektive vorzustellen, die durch die dramatisch sorgsam aufgebaute Motivationsfrage für die Diskussionen zwischen Sokrates und seinen Dialogpartnern in der Politeia vorgegeben wird: Ist es möglich, mit Mitteln der Vernunft ein geregeltes menschliches Miteinander zu entwerfen, in dem moralisch gute Menschen nicht gegenüber schlau oder brutal unmoralischen in Nachteil geraten? Platon muss dafür, wie man ernüchtert feststellt, viele wertvolle Grundsätze menschlicher Beziehungen über den Haufen werfen und ganz große philosophische Geschütze für weitausholende Argumentationen auffahren. Eine beträchtliche Anzahl der vielen bedeutsamen Fragen, die sich bei Fortschreiten der Erörterung damit ergeben, wird im Verlauf der Vorlesung zumindest angetippt.
Empfohlene Literatur:
Literatur wird im Laufe des Semesters bekanntgegeben und besprochen, relevante Textstücke aus der Politeia werden im VC bereitgestellt.

 

"Das Philosophische Nachtcafé"

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 16:00 - 18:00, U7/01.05
Einzeltermin am 27.4.2023, Einzeltermin am 22.6.2023, 16:00 - 18:00, U2/01.33
Inhalt:
In der Übung Philosophisches Nachtcafé probieren wir das Philosophieren mit einem interessierten Publikum im öffentlichen Raum außerhalb der Universität aus. Wir konzipieren mehrere Themenabende und führen diese in Bamberg, Forchheim, Fürth und Schweinfurt für ein bunt gemischtes Publikum durch. Anschließend werten wir die Veranstaltungen aus, vergleichen sie und passen unsere Konzeptionen an die Realität an. Wer an dieser Übung teilnehmen möchte, besucht alle Planungs-/Auswertungssitzungen und wirkt an einzelnen Veranstaltungsabenden in unterschiedlichen Rollen mit: von der technischen Organisation über die inhaltliche Diskussionsleitung bis zum feedbackgebenden Beobachter. Den Termin- und Themenplan besprechen wir in den ersten Wochen des Semesters.

 

Die Philosophie und das Absolute

Dozent/in:
Michael Gerten
Termine:
Mo, 16:00 - 18:00, U5/02.18
Inhalt:
Die Philosophie, genauer: jede philosophierende Person, steht unvermeidlich, entweder unbewusst oder mit ausdrücklichem Bewusstsein vor dem Problem des Absoluten, und ebenso unvermeidlich ist sie vor die Wahl zwischen zwei Alternativen gestellt: das Problem zu vermeiden, es zu umschiffen, ihm aus dem Weg zu gehen, oder aber sich ihm zu stellen, sich auf das Problem einzulassen, ihm nicht auszuweichen.
Die Lehrveranstaltung thematisiert ausdrücklich das Absolute, entscheidet sich also für die zweite Alternative; und wer an dem Seminar teilnehmen will, muss ebenfalls diese Entscheidung schon getroffen haben. Sofern man nicht schon mit beiden Beinen auf dem ‚Boden des Absoluten‘ steht, folgt dieser Entscheidung, das sei hiermit seitens des Seminarleiters versprochen, eine abenteuerliche geistige Reise auf der Suche nach dem Absoluten. Diese Frage nach dem Absoluten und nach dem Verhältnis zwischen Philosophie und dem Absoluten ist eine radikale, eine mutige Frage, sie geht an die Wurzel (radix ist das lat. Wort für Wurzel) – aber nicht nur an die Wurzel der Philosophie, sondern auch an die Wurzel des Lebens, des geistigen Daseins überhaupt.
Das Seminar nähert sich der Frage erst einmal im Ausgang von der Alltagssprache, d.h. von dem Gebrauch der Wörter ‚Absolutes/absolut‘ im alltäglichen Sprechen. Dann wird ein Blick auf historische Thematisierungen des Absoluten geworfen: in Mythologie, Religion, Philosophie, Kunst, (nicht-philosophischen) Wissenschaften.
Mit dem dadurch gesteigerten Problembewusstsein wird die Frage dann systematisch philosophisch angegangen. Zunächst sind Aporien (Sackgassen) von Versuchen, ‚das Absolute‘ zu denken, kritisch aufzudecken. Schon die sprachliche Formulierung „das Absolute“ unterstellt ein substanzielles ‚Etwas‘ mit ‚absoluten Eigenschaften‘ oder mit der Eigenschaft ‚absolut‘. Es wird sich zeigen, dass alles ‚gewöhnliche‘ Denken diesen Fehler einer falschen Verobjektivierung begeht und überwunden werden muss. Ähnliches wird dann bezüglich Versuchen, das Absolute als Subjekt, gar sich selbst als das Absolute zu denken, aufzuzeigen sein. Das Absolute ist nicht einfach Teil der Welt, weder objektiver, noch subjektiver. Es ist aber auch nicht bloß transzendent (überweltlich), sonst könnte es uns nichts angehen, noch nicht einmal als Problem. Überwunden werden müssen auch die gängigen ‚Lösungen‘ dieser Problematik durch vernunftfeindliche oder skeptizistische Haltungen (und ihre Behauptungen, man könne ‚das Absolute‘ nur glauben, nicht wissen).
Die Lösung, der Ausweg aus solchen Sackgassen, kann hier nur als Hypothese aufgestellt werden, die im Seminar kritisch zu rechtfertigen und begründen wäre: Das Absolute ist weder rein transzendent, noch bloß immanent, es ist trans-immanent. Über das ‚Absolute als solches‘ lässt sich weiter nichts sagen als – dass es eben ‚das Absolute ist‘. Aber ‚alles andere‘, das ganze Leben, die ganze Welt der Erscheinungen, ist als Bild des Absoluten zu verstehen. Das Absolute ist auf diese Weise wiederum nicht nur ein Thema der Philosophie unter vielen anderen, sondern letztlich das allumfassende Thema der Philosophie.
Da von hier aus sich die spezifischeren philosophischen Fragen, etwa die nach absoluter Erkenntnis, absoluten Werten, absoluter Moral, absoluten Erfahrungen usw., ergeben, lädt der Dozent nicht nur Fortgeschrittene, sondern ausdrücklich auch philosophischen Anfängern zur Seminarteilnahme ein.
Das Seminar wird durchgehend in der Form des Sokratischen Dialogs durchgeführt.
Prüfungsform: Hausarbeit nach dem Seminar.

 

Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" (1798)

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Di, 16:00 - 18:00, LU19/00.13
Inhalt:
Morgens um 7, lange bevor Ihr Wecker klingelt, begann Kant Jahr für Jahr und fast Tag für Tag seine zahlreichen Vorlesungen zu halten, bis zu 22 Stunden in der Woche. Nicht freiwillig so früh, sondern aus Pflicht. Ein besonderer Leckerbissen war dabei sein 'Privat-Kolleg' über Anthropologie, das er seit 1772 jährlich im Winter anbot. Selbst im klirrenden Frost des dunklen Morgens standen die bildungshungrigen Königsberger auf und gingen zu Kants Wohnhaus, schüttelten den Schnee ab und sammelten sich in einer großen Stube im Erdgeschoß, neben der Wohnung der Köchin, die den Ofen schon geheizt hatte. Dort saßen dann rund 40 Hörer, lauschten gebannt und schrieben eifrig mit, während Kant auf Grundlage eines lateinischen Lehrbuches (von Alexander Baumgarten) und eigener Notizen seine Einsichten zum Menschen entfaltete. Aus diesen Notizen verfasste er dann später das Buch, eine Art Bilanz von 25 Jahren Vorlesungen. Was erwartet Sie in dem Buch? Kant entwirft eine Phänomenologie menschlichen Handelns, aber auch einen „pragmatischen“ Ratgeber zum Umgang mit anderen und sich, und er versucht eine Bestimmung der Natur, des Wesens der Menschen. Daher taugt der Text zugleich als eine Einführung in die Handlungstheorie und Ethik wie in Kants Metaphysik bzw. Ontologie der Natur und des Menschen. Und alles so, dass sie nicht zittern müssen. Die Anthropologievorlesung war bei den Hörern nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie einen durchaus verstehbaren Einstieg in den Kosmos seines Denkens erlaubte. Dafür standen selbst die Königsberger Bürger, Offiziere, Pfarrer, Schüler, Frauen wie Männer noch vor Tage auf und machten sich mit Laternen im winterlichen Dunkel auf in die Prinzessinnengasse 2. Sie können etwas später aufstehen, um gemeinsam in Lektüre und philosophischem Gespräch den Text in diesem Seminar zu erkunden.

 

Karl Jaspers (1883-1969) - Philosoph und Zeuge

Dozent/in:
Gerhard Stamer
Termine:
Einzeltermin am 11.5.2023, Einzeltermin am 25.5.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 1.6.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Einzeltermin am 15.6.2023, 16:00 - 19:00, KR12/00.05
Einzeltermin am 22.6.2023, Einzeltermin am 6.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.30
Einzeltermin am 20.7.2023, 16:00 - 19:00, U2/01.36
Inhalt:
Die Aktivitäten von Karl Jaspers sind so umgreifend, dass es unmöglich ist, sie in einem Seminar zu behandeln. Deshalb werden wir eine Auswahl treffen. Unbedingt werden wir uns mit seinem Leben befassen, mit seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus, zu Heidegger und Hannah Arendt und auch zum Nachkriegsdeutschland. Wir werden auch kurz klären, worin seine Existenzphilosophie bestand, werden dann aber auf zwei Schriften besonders eingehen, auf "Die geistige Situation der Zeit" (1931), in der Jaspers als politischer Philosoph auftritt und "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" (1949), in der er eine Interkulturelle Philosophie verfasste, die bis heute aktuell ist. Den Auftakt machen wir mit seiner Rede "Wahrheit, Freiheit und Friede" anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1958.

 

Kunst als Erfahrung: Die pragmatische Ästhetik John Deweys

Dozent/in:
Alessandro Topa
Termine:
Blockveranstaltung 16.6.2023-17.6.2023 Mo, Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Einzeltermin am 23.6.2023, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Blockveranstaltung 7.7.2023-8.7.2023 Fr, Sa, 14:00 - 18:30, U2/01.33
Vorbesprechung: Freitag, 21.4.2023, 14:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
John Dewey (1859-1952) kann mit gutem Recht als der einzige Denker des klassischen Pragmatismus (Peirce, James, Dewey) gelten, der einen genuinen Beitrag zu Ästhetik und Philosophie der Kunst geleistet hat. Dieser Beitrag hat nichts von seiner Originalität verloren: In »Art as Experience« (Kunst als Erfahrung) erarbeitet Dewey 1934 einen Zugang zum Phänomen des Schönen, der dessen Wesen, Sinn und Bedeutung nicht im Ausgang von klassischen Idealen des Kunstschönen, sondern aus dem Lebensvollzug und der ästhetischen Dimension alltäglicher Erfahrung zu begreifen trachtet. Damit gelingt es Dewey zum einen, die kulturhistorische Separation von Kunst (als Sphäre der Musealisierung geweihter Objekt) und Leben (als Ort des psycho-physischen Erfahrungsvollzugs) zu durchbrechen, die er für hochdifferenzierte moderne Industriegesellschaften für typisch hält; zum anderen gelingt es Dewey einen wichtigen systematischen Beitrag zur Phänomenologie menschlicher Erfahrung zu leisten, indem deren ästhetische Elemente herausgearbeitet werden. Wer also darüber nachdenkt, welche Rolle der Mensch des 21. Jahrhunderts dem Phänomen der Kunst in seiner Erfahrung einräumen sollte, wird in Dewey gewiß einen einsichtsreichen Gesprächspartner schätzen lernen.

Die Seminarteilnehmer werden gebeten, sich bis zu Beginn der ersten Semesterwoche mit dem Seminarleiter per email (arr.top@t-online.de) in Verbindung gesetzt zu haben, um die ersten Arbeitsschritte koordinieren zu können.
Empfohlene Literatur:
Basistext:
– Dewey, J. (1987): Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Lässt sich die Ethik begründen?

Dozent/in:
Marcus Duewell
Termine:
Einzeltermin am 8.5.2023, Einzeltermin am 5.6.2023, 9:00 - 18:00, KR12/01.05
Einzeltermin am 19.6.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/01.04
Einzeltermin am 3.7.2023, 9:00 - 18:00, ZW6/00.15
Vorbesprechung: Dienstag, 25.4.2023, 17:00 - 18:30 Uhr, Online-Meeting
Inhalt:
Eine der zentralen Fragen der Ethik richtet sich auf die Möglichkeit der Begründung von Moral. Können wir moralische Normen, Prinzipien, Regeln überhaupt begründen oder ist dies aus prinzipiellen Erwägungen unmöglich? Aber was kann im Bereich des Moralischen überhaupt mit Begründen gemeint sein? Die Gültigkeit moralischer Normen lässt sich nicht beweisen wie naturwissenschaftliche Fakten, doch zugleich ist es unplausibel anzunehmen, dass alle möglichen moralischen Überzeugungen gleich gültig sind. Wie könnte denn Begründung in der Ethik aussehen? Dies Seminar soll in diesen Fragekomplex einführen, indem zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Moralbegründung studiert werden. Zum einen stellt der klassische Ansatz von Henry Sidgwick den vielleicht interessantesten Versuch dar, eine utilitaristische Form der Ethik zu begründen. In neuerer Zeit haben Katarzyna de Lazari-Radek und Peter Singer versucht, diesen Ansatz zu rekonstruieren und für die gegenwärtige Ethik fruchtbar zu machen. Zum anderen hat Alan Gewirth versucht, eine Ethik der Rechte in Form einer kritischen Selbstreflexion auf die Grundlagen der eigenen Handlungsfähigkeit zu begründen. Beide Ansätze zielen darauf, eine universalistische Perspektive in der Ethik zu begründen, aber auf denkbar unterschiedlichen Wegen. Das Seminar soll insofern anhand dieser Ansätze Möglichkeiten der Moralbegründung erkunden und auf diese Weise Grundfragen der Moralphilosophie vertieft zu studieren.

Leistungsnachweis: Für einen benoteten Leistungsnachweis ist die Abfassung eines Essays erforderlich. Bis zum 1. Juni sollte das Thema abgestimmt werden (per E-Mail beim Dozenten). Bis zum 1. Juli. sollte ein Exposé von einer ½ -1 Seite eingereicht werden (Fragestellung, Aufbau, behandelte Literatur). Die Hausarbeit sollte bis zum 1.9. eingereicht werden.
Empfohlene Literatur:
  • Katarzyna de Lazari-Radek & Peter Singer: The Point of View of the Universe. Sidgwick & Contemporary Ethics. Oxford: Oxford University Press 2014.

  • Alan Gewirth: Reason and Morality. Chicago: Chicago University Press 1978.

 

Moralisches Urteilen und ethisches Entscheiden

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
Wer dem Anspruch der Moral gerecht werden will, bemüht sich, in seinem Handeln das Richtige zu wählen und das Schlechte zu meiden. Worin finden wir den Maßstab, der unsere Wahl leitet? In Tugenden, Gesinnung, Prinzipien oder Konsequenzen könnte das entscheidende Kriterium gefunden werden. Aber dann bleibt immer noch zu klären, wie der jeweilige Maßstab angelegt und abgelesen wird. Wie werden allgemeine Norm- bzw. Wertvorstellungen auf eine konkrete Situation bezogen? Handelt es sich dabei um eine rein logische Operation oder spielt auch das Gefühl eine Rolle? Im Seminar wollen wir „Urteilskraft“ als unser Instrumentarium der situativen Anwendung moralischer Forderungen analysieren und verstehen. Dabei gehen wir von einem einfachen Modell der Handlungstheorie und grundlegenden hermeneutischen Vorüberlegungen aus, um dann auch im Experiment zu erforschen, in welchem Verhältnis „Gespür und Überlegung“ zusammenarbeiten, wenn wir uns für richtige Handlungen entscheiden. Das Seminar wird also durch einen praktischen Teil ergänzt, in dem wir Erfahrungen mit dem Urteilen und Entscheiden von Schülern und interessierten Laien sammeln, um diese anschließend vergleichend auszuwerten. So können wir unsere Überlegungen zum Modell des moralischen Urteilens und ethischen Entscheidens an der Praxis überprüfen. Besonders mit diesem zweiten Teil des Seminars werden auch die Interessen der LA-Studierenden (auch im EWS-Bereich) abgedeckt.

 

Von homo faber zu homo digitalis: Philosophie der Technik und Postphänomenologie

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Do, 12:00 - 14:00, U2/00.26
Inhalt:
Don Ihde, der Begründer der Postphänomenologie, bezeichnet Heidegger als „the founder of contemporary philosophy of technology“ (Technology and the Lifeworld, 1990), obwohl vor diesem weitere bedeutende Philosophen der Technik zu nennen sind. Während sich konkrete Gestalten der Technologie seit dem 19 Jhd. rasant und drastisch geändert haben, bleibt die ihr zugrundeliegende Idee relativ konstant, dass unser In-der-Welt-sein notwendig („ontologisch“ nach Heidegger) durch sie bedingt ist. Hier scheint der Aphorismus Thomas Carlyles „Man is a tool-using animal. Without tools he is nothing, with tools he is all“ voll zum Tragen zu kommen. Im Seminar wird diese These rein thematisch ergründet (für eine kritische Auseinandersetzung ist das Seminar von Herrn Loncar zu empfehlen). Das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ist immer wechselseitig und wir müssen fragen, was Technologien mit uns und wir mit ihnen machen. Die Lektüre umfasst Autoren sowohl vor als auch nach Heidegger, um den Themenbereich historisch zu untersuchen. Die Diskussion über Smart City, an der ein Projekt-Team der Bamberger Philosophie seit eineinhalb Jahren beteiligt ist, wird im Seminar auch aufgegriffen.
Empfohlene Literatur:
Wird in der ersten Sitzung angegeben.

 

Vorlesung "Naturphilosophie der Kultur"

Dozent/in:
Christian Illies
Termine:
Do, 14:00 - 16:00, U5/01.22
Einzeltermin am 25.5.2023, Einzeltermin am 15.6.2023, 14:00 - 16:00, U2/01.33
Inhalt:
Einerseits retten wir gerade eifrig die Natur, sei es mit veganem Essen, Fahrradfahren oder Sekundenkleber, andererseits scheint sie seltsam fern von unserem kulturellen Selbstverständnis. Alles ist Kultur! Ist der Schlachtruf. In den Geistes- und Sozialwissenschaften, bei Pädagogen wie bei vielen politischen Strömungen begegnet uns eine seltsame Zurückweisung jeder Natur. Alles meinen wir aus dem Nichts frei erschaffen zu können, ungebunden von etwaigen genetische Anlagen, angeborene Instinkte, natürlich Bedürfnisse oder gar universellen Anlagen oder Ausrichtungen. Die Kultur, einschließlich der gesellschaftlichen Bedingungen, konstituiert alles um sich und sich selbst. Sie bestimmt unsere Wirklichkeit als ein eigenes, selbstgesponnenes Bedeutungsnetz , wie Clifford Geertz 1966 in The Impact of the Concept of Culture on the Concept of Man schreibt. Das bedeutet, dass Kultur nicht eine Ergänzung eines schon an sich fertigen oder doch mehr oder weniger fertigen Tieres ist, sondern der Ausgangspunkt, der entscheidende Ausgangspunkt bei der Hervorbringung dieses Tieres. (1966, 47).
Eine weitgehende Abtrennung der Kultur von der Natur verbindet sich philosophisch oft mit einem irregeleiteten (gnostischen) Dualismus und kann praktisch hoch gefährlich sein, weil diese Annahme die Bedeutung der Natur in der Kultur verkennt und vernachlässigt. So ist jedenfalls die dagegen gesetzte Leitthese dieser Vorlesungen. Die Kultur und alle Dimensionen des Menschseins, beispielsweise Politik wie Kunst, Religion, Ethik und Wirtschaft lassen sich nur adäquat verstehen, wenn wir den jeweiligen Beitrag der Natur sehen. Aber was Natur hier eigentlich bedeutet, ja was die Natur ist und wie wir sie erkennen, muss dem vorausgehend geklärt werden. Das heißt: ein Verstehen der Kultur setzt eine Philosophie der Natur voraus. Das gibt der Vorlesung ihre Themen vor: Beginnend mit Platons Timaios bis hin zu Goethe und zur Logik der heutigen Naturwissenschaft soll versucht werden, die Natur zu verstehen. So lässt sie als Grundlage der Kultur allgemein und in verschiedenen Kulturbereichen würdigen und selbst dem Satz von Clifford Geertz noch einen vernünftigen Sinn geben. Aber dafür muss das Vorlesungsmotto Ohne Natur keine Kultur! um ein zweites ergänzt werden: Ohne Geist keine Natur! Was das heißt, wird die Vorlesung hoffentlich genauer zeigen.

 

Warum soll der Mensch kein krummes Holz sein? Natürlicher Imperativ und Autarkie des Tao-Te-King

Dozent/in:
Tomoki Sakata
Termine:
Mi, 14:00 - 16:00, MG1/02.06
Inhalt:
Kant grübelt: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden“ (Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 6. Satz). Seine Ambition besteht jedoch genau darin, durch künstliche Maßnahmen (Bildung, Gesetzgebung usw.) in diese Menschennatur kategorisch (auch anklagend) einzugreifen. Damit kontrastiert die Behauptung Laotses in Tao-Te-King, dass sich das Krumme (d.h. der krumme Baum) vollendet („曲即全“,§22). Sein Nachfolger Zhuangzi erläutert ferner, dass ein Riesenbaum, weil dessen Holz für niemanden von Nutzen ist (nicht „gezimmert“ werden kann), den Nutzen des Nicht-Nutzens („無用之用“, d.h. die Vollendung seines natürlichen Lebens) erzielt. Im Seminar wird versucht, diese Urphilosophie Chinas kritisch zu beleuchten. Dabei werden vor allem der Begriff der Handlung (為) und der der Natur (自然) in den Mittelpunkt gestellt, da die Lehre von Tao (bzw. Dao, 道) konventionell durch die Selbstbestimmung qua Nicht-Tun (無為自然) charakterisiert wird. Bei Diskussionen wird der originale chinesische Text auch in Betracht gezogen.
Empfohlene Literatur:
Hauptliteratur: Laozi. Daodejing: Das Buch vom Weg und seiner Wirkung. Chinesisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam, 2009.

 

Wohin steuert die Weltgeschichte? Geschichtsphilosophie nach der Postmoderne

Dozent/in:
Wolfram Bergande
Termine:
Mo, 12:00 - 14:00, U2/02.04
Inhalt:
Die Postmoderne hatte die sogenannten „Großen Erzählungen“ verabschiedet und die traditionelle Geschichtsphilosophie für unmöglich erklärt. Doch heute zwingen uns globale Krisen wie Klimawandel, Kriege, Pandemien, Migration und die politische Polarisierung der westlichen Gesellschaften, unseren Anteil am Lauf der Weltgeschichte aufzuklären, trotz aller Komplexität und Unsicherheiten.
Und zwar um Handlungsspielräume zu eröffnen, das heißt um Teil der Lösungen zu sein und nicht der Probleme. Und um gegenaufklärerische Diskurse wie die der Corona-Leugner oder Querdenker und andere Ersatz-Weltanschauungen, Ideologien oder Verschwörungstheorien einzudämmen. Aber auch um im Westen gängige Fortschrittserzählungen zu hinterfragen, z.B. postkoloniale und rassezentrierte oder neoliberale Diskurse.
Dazu beschäftigen wir uns in der ersten Hälfte des Seminars zunächst mit wichtigen Autoren, Ansätzen und Themen der Geschichtsphilosophie nach (oder besser: trotz) der Postmoderne, insbesondere mit Francois Lyotards Rückgriff auf geschichtsphilosophische Ideen Kants, mit Francis Fukuyamas hegelianischer These vom ‚Ende der Geschichte‘ und mit Samuel Huntingtons provokanter These vom ‚Zusammenprall der Kulturen‘.
In der zweiten Hälfte des Seminars bilden wir Arbeitsgruppen, um nach einer Einführung in die Szenario-Technik in selbstgewählten Szenarien Prognosen und Orientierung für aktuelle weltgeschichtliche Trends abzuleiten: Wohin und mit welchen sozialen und globalen Folgen entwickeln sich z.B. die Individualisierung, Modernisierung, Säkularisierung, die Ausdifferenzierung von Lebenswelten, die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz, Machine Learning), die Ökonomisierung, (Bio-)Technisierung (Verlust bzw. Transformation der Natürlichkeit), die Globalisierung/Deterritorialisierung und die Vergeschlechtlichung (Genderisierung) der Subjektivität u.v.a.m.?
Achtung: Um die Gruppenarbeit an den Szenarien zu ermöglichen finden circa fünf Termine in der zweiten Hälfte des Seminars online über ZOOM statt!
Die Seminarleistung besteht aus einem freiwilligen mündlichen und einem obligatorischen schriftlichen Teil.
Der mündliche Teil umfasst
(1) die individuelle bzw. Gruppen-Recherche zu einem Szenario bzw. zu selbstgewählten Aspekten eines Szenarios,
(2) die aktive Teilnahme an der Gruppenarbeit an einem Szenario und
(3) die aktive Teilnahme an der Gruppen-Präsentation (ca. 45 Minuten inkl. mind. 20 Text-Folien) des in der Gruppe erarbeiteten Szenarios am Ende des Seminars.
Das jeweilige Szenario wird von der Gruppe in Ko-Autorschaft schriftlich zusammengefasst; der schriftliche Teil der Seminarleistung besteht darin, dass jedes Gruppenmitglied anteilig einen Abschnitt der Zusammenfassung verfasst, und zwar im Umfang der Mindestwortanzahl, die sich je nach Studiengang laut Modulhandbuch ergibt.
Die Note und die Vergabe von Leistungspunkten erfolgt ausschließlich auf Grundlage der schriftlichen Seminarleistung.
Empfohlene Literatur:
zur Einführung:
Thies, Christian: Geschichte. Berlin/Boston: de Gruyter, 2021.

 

„Zu den Sachen selbst!“ - Philosophieren mit der phänomenologischen Methode

Dozent/in:
Jens Wimmers
Termine:
Mi, 12:00 - 14:00, U2/01.36
Inhalt:
„Zurück zu den Sachen selbst!“ ist die Aufforderung Edmund Husserls, sich auf den Ursprung authentischen Philosophierens zu besinnen. Am Anfang steht der Kontakt mit einem Objekt der Lebenswelt. Da es uns staunen lässt, beginnen wir nachzudenken. Der Gegenstand unserer Überlegungen begegnet uns ursprünglich als Phänomen und in dieser Begegnung liegt bereits, was man zum Philosophieren braucht. „Zurück zu den Sachen selbst!“ fordert uns auf, auf theoretische Konzepte, die unsere Untersuchungen zu leiten beanspruchen, zu verzichten. Der Gegenstand soll unverfälscht aus sich heraus zu uns sprechen. Die „phänomenologische Methode“ ist also eine Art und Weise des Philosophierens, die möglichst ohne Vorkenntnisse und Methode auskommen möchte. Darin liegt ein gewisser Widerspruch - aber auch der Reiz des Philosophierens ohne Voraussetzungen. Im Seminar wollen wir Möglichkeiten und Grenzen der „phänomenologischen Methode“ erkunden. Neben unserer theoretischen Diskussion wird es auch einen Praxisteil geben, in dem wir didaktische Einheiten konzipieren und mit Schülern und interessierten Laien erproben, um sie anschließend im Vergleich mit anderen didaktischen Methoden (neosokratisches Gespräch, Dilemmadiskussion, Gedankenexperiment etc.) auszuwerten.



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