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Lehrveranstaltungen

 

Paradoxien und Metamorphosen von Heimat zwischen Retraditionalisierung, Folklore und hybriden Identitätspolitiken. Europäisch-ethnologische Sondierungen (Onlinekurs)

Dozent/in:
David Berchem
Angaben:
Seminar, Gaststudierendenverzeichnis, Studium Generale, Erweiterungsbereich, BA (5 ECTS): BM III, BM IV, AM II; MA (7 ECTS): VM I, VM III, VM V; EM I, EM II
Termine:
Fr, 10:00 - 12:00, Raum n.V.
Anmeldung zur Lehrveranstaltung über den zugehörigen VC-Kurs im Zeitraum vom 30.03. bis zum 26.04.2020.
Voraussetzungen / Organisatorisches:
Aktueller Hinweis: Diese Lehrveranstaltung wird als Online-Seminar angeboten! Die Onlinephase findet wöchentlich am Freitag von 10 bis 12 Uhr statt. Weitere Infos folgen. (Stand: 23.03.03).
Inhalt:
Titel: Paradoxien und Metamorphosen von Heimat zwischen Retraditionalisierung, Folklore und hybriden Identitätspolitiken. Europäisch-ethnologische Sondierungen. Leitung: Dr. David Johannes Berchem
Kontakt: David.Berchem-w89@ruhr-uni-bochum.de

Kommentierung:
Globalisierungstheoretiker wie etwa Thomas Hylland Eriksen und Ulf Hannerz weisen in ihren Schriften darauf hin, dass von der Globalisierung paradoxe und gegenläufige Dynamiken ausgehen. Auf der einen Seite sind wir ZeugInnen umfangreicher Homogenisierungs- und Nivellierungsprozesse, die es uns ermöglichen, an multiplen Austausch- und Verflechtungsbeziehungen zu partizipieren. Neben dieser vereinheitlichenden Wirkung produziert und verstärkt die Globalisierung Unterschiede und das Denken in dichotom konzeptionalisierten Differenzen. Kurz gefasst: Globalisierung macht gleich und ungleich zugleich. Im Zuge dieser disruptiven Entwicklungen werden sowohl in der gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit als auch in der politischen Landschaft neue Identitätspolitiken ersichtlich, die als eine Antwort auf unterschiedliche Globalisierungsdynamiken gelesen werden können. In diesen Diskursen erhalten Konzepte wie Nation, Heimat, Kultur, Tradition und Geschichte ein Revival, weil sie als soziokulturell verbürgte Qualitätsgüter identitäre Anknüpfungspunkte bereitstellen und in Zeiten umfassender Transformationen und Diskontinuitäten als Kompensationsparameter fungieren. Im Rahmen dieser Identitätspolitiken erweist sich besonders das unlängst (und vielleicht auch fälschlicherweise) unter Senilitätsverdacht gestellte Konzept „Heimat“ als anschlussfähiges Distinktionsmerkmal, um ideologisch motivierte und populistisch ausgetragene Auseinandersetzungen zu bestreiten.
Oft lassen sich innerhalb dieser ethnokulturellen Selbstvergewisserungs- und Ausgrenzungsdebatten sowohl ein hoch problematisches Vokabular als auch eine stereotype Bilder- und Symbolpolitik erkennen. Die Grammatik dieser Identitätspolitiken besitzt zumeist nur eine simple Funktion: Selbstaffirmationen des Eigenen bei gleichzeitiger Ausgrenzung der fremden Anderen. Nicht zuletzt angesichts ihrer Fachgeschichte verfügt die Disziplin Europäische Ethnologie über eine Kernkompetenz bei der wissenschaftlichen Bewertung, Einordnung und Analyse des Konzeptes Heimat. Bei der kritischen und kulturanalytischen Betrachtung dieser heterogenen Debatten ist sich das Vielnamenfach gegenwärtig mehr denn je bewusst, dass Heimat mehr ist als der röhrende Hirsch vor dem Alpenpanorama oder Möbelstücke des Gelsenkirchener Barocks. Die heute verstärkt zu beobachtende Retraditionalisierung von Heimat-Schaffung sowie die Anreicherung von Heimat mit folkloristischen Versatzstücken aus der „volkstümlichen“ Mottenkiste ist von unterschiedlichen Motiven, Funktionen und Sinnallianzen geprägt. Nicht selten sind es politische MeinungsmacherInnen sowie unterschiedliche DiskursakteurInnen aus dem rechten Spektrum (AfD, IB), die Heimat nicht als einen offenen, pluralistischen, hybriden und egalitären Diskursraum innerhalb des Spektrums der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstehen, sonder eher als „Festung“, die es unter Zuhilfenahme unterschiedlicher argumentativer Strategien (Retorsionseffekt) und Handlungen gegen die „Invasion“ und die vorgeblich damit einhergehende „Umvolkung“ rigoros zu verteidigen gilt. In einem ersten Schritt beschäftigen wir uns im Laufe des Seminars mit der theoretischen und historischen Grundierung sowie der Operationalisierung des Konzeptes Heimat. Um eine kritische Sensibilisierung zu gewährleisten, darf eine fachgeschichtliche Auseinandersetzung mit der ideologischen Zweckforschung im Nationalsozialismus („Chefideologe“ Alfred Rosenberg, Kulturkommission Südtirol etc.) nicht ausbleiben. Des Weiteren steht die Lektüre und Diskussion ausgewählter „Klassiker“ (Ina-Maria Greverus) im Mittelpunkt der Auseinandersetzung.
Danach wenden wir uns konkreten Fallbeispielen aus der (erweiterten) Gegenwart zu, bei denen die bis dahin erlernten Wissensressourcen angewendet, geprüft und vertieft werden.
Am Ende des Semesters besitzen die TeilnehmerInnen ein solides und reflexives Verständnis über eine abstrakte, medial omnipräsente und ideologisch instrumentalisierbare Konstruktion, die sich hinter der scheinbar harmlosen und zuweilen sentimentalen sowie romantisierten Worthülse Heimat verbirgt.
Empfohlene Literatur:
  • Bausinger, Hermann: Heimat und Globalisierung. In: Österreichische Zeitschrift für Volks-kunde 104 (2001), S. 121-135.
  • Bendix, Regina: In Search of Authenticity. The Formation of Folklore Studies. Madison, WI. 1997.
  • Berchem, David Johannes: Revierfolklore. Eine Annäherung an Phänomene und Funktionen der Erinnerungskultur im Ruhrgebiet. In: OSSES, Dietmar/WEIßMANN, Lisa (Hg.): Revierfolk-lore. Zwischen Heimatstolz und Kommerz. Das Ruhrgebiet am Ende des Bergbaus in der Po-pulärkultur. Essen 2018, S. 12-21.
  • Berking, Helmuth: Raumtheoretische Paradoxien im Globalisierungsdiskurs. In: DERS. (Hg.): Die Macht des Lokalen in einer Welt ohne Grenzen. Frankfurt a. M./New York 2006, S. 7-22.
  • Binder, Beate: Heimat als Begriff der Gegenwartsanalyse? Gefühle der Zugehörigkeit und sozialen Imagination in der Auseinandersetzung um Einwanderung. In: Zeitschrift für Volks-kunde 104 (2008), S. 1-17.
  • Daxelmüller, Christoph: „Heimat“. Volkskundliche Anmerkungen zu einem umstrittenen Begriff. In: Bayrische Blätter für Volkskunde 18/4 (1991), S. 223-241.
  • Daxelmüller, Christoph: Zwischen Biergarten und Internet. Heimat in einer globalisierten Welt. In: Bayrische Blätter für Volkskunde NF 3/2 (2003), S. 143-156.
  • Egger, Simone: Heimat. Wie wir unseren Sehnsuchtsort immer wieder neu erfinden. Mün-chen 2014.
  • Eriksen, Thomas Hylland: Globalization. The Key Concepts. Second Edition. Oxford 2014.
  • Gebhard, Gunther (Hg.): Heimat. Konturen und Konjunkturen eines Konzepts. Bielefeld 2007.
  • Greverus, Ina-Maria: Der territoriale Mensch. Ein literaturanthropologischer Versuch zum Heimatphänomen. Frankfurt a. M. 1972.

 

„... aber jeder, der zu uns kommt, muss sich unseren Werten, Sitten und Gebräuchen anpassen und nicht umgekehrt.“ Ethnologisch-kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die Integration von Geflüchteten

Dozent/in:
David Berchem
Angaben:
Vorlesung, Gaststudierendenverzeichnis, Studium Generale, Bachelor (5 ECTS): BM I, AM I; Master (3 ECTS): VM I, VM II, VM III, VM V; Lehramt (5 ECTS): EWS II
Termine:
Fr, 14:00 - 16:00, Raum n.V.
Anmeldung zur Lehrveranstaltung über den zugehörigen VC-Kurs im Zeitraum vom 30.03. bis zum 26.04.2020. Bitte beachten Sie, dass die Vorlesung via Adobe Connect in einem virtuellen Hörsaal angeboten wird.
Voraussetzungen / Organisatorisches:
Anmeldung zur Lehrveranstaltung über den zugehörigen VC-Kurs im Zeitraum vom 30.03. bis zum 26.04.2020.
Bitte beachten Sie, dass die Vorlesung via Adobe Connect in einem virtuellen Hörsaal angeboten wird.
Inhalt:
Im gegenwärtig geführten Diskurs über Einwanderung, Integration, Leitkultur und den Umgang mit unterschiedlichen Migrationsdynamiken sprechen Politiker:innen oft von der größten kulturellen Herausforderung in der Geschichte Deutschlands. Eine Reihe von in dieser Debatte verlautbarten Statements folgt dem Tenor, dass die nach Deutschland bzw. nach Europa kommenden Mobilitätsprotagonist:innen in der Pflicht seien, sich im Zuge eines Integrationsprozesses an die hier bestehenden Lebenswirklichkeiten anzupassen und gleichzeitig einen hegemonialen Wertekanon zu inkorporieren. Die formelartige Devise „Fördern und Fordern“ stellt einige Eckpunkte im Rahmen der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung zur Verfügung, wenngleich den Migrant:innen hier eine Bringschuld auferlegt wird. Gefordert wird in diesem Diskurs nicht selten eine unidirektionale Integration von Seiten der Neuankömmlinge, die dazu angehalten werden, ihr mittransportiertes kulturelles Gepäck aufzugeben bzw. ihre kulturelle Haut, die sie im Zuge der Sozialisation durch Enkulturation und kulturelles Lernen erworben haben, abzustreifen. Gleichzeitig sollen sich die mobilen Menschen an eine „deutsche Leitkultur“, die vermeintlich spezifische Werte, Normen, Bedeutungen und Vorstellungen impliziert, anpassen. Wer ein Teil der deutschen Gesellschaft werden möchte, so führen es unterschiedliche Meinungseliten aus, muss dafür erkennbare Anstrengungen unternehmen und zahlreiche Hürden bewältigen. Gelungene Integration und das Heimisch-Werden gelten als positiv konnotierte Endziele. Die Wochenzeitung Die Zeit fragt Ende April 2016 zurecht, inwiefern Integration in Deutschland zu bewerkstelligen sei. Trotz der erkennbaren strukturellen Defizite auf der administrativen Ebene, waren sich die befragten Handlungsprotagonist:innen im Dossier einig, dass Integration und transnationale Beheimatung in Deutschland nur in einem offenen Diskursraum gelingen kann, in dem eine konstruktive Streitkultur über kulturelle Differenzen und Konflikte vorherrsche und in dem die diversifizierten Werte- bzw. Bedeutungsressourcen, Sinnallianzen und Bewertungsdomänen dialogisch ausgehandelt werden.

Die Vorlesung verfolgt die Ambition, in dieser Gemengelage von unterschiedlichen Ansichten und Standpunkten eine genuin ethnologisch-kulturwissenschaftliche Perspektive auf Integration zu entwickeln. Wir werden uns die Frage stellen, inwiefern die (Europäische) Ethnologie sowohl mit ihrem facettenreichen Theorie- und Methodeninstrumentarium als auch mit ihren kritischen Kulturanalysen ethnographische, nuancenreiche, erfahrungsgesättigte und induktive wie kooperativ generierte Wissensressourcen zu Verfügung stellen kann, um lösungsorientierte Antworten auf gesellschaftsrelevante Fragen aus dem Bereich Migration und Integration zu geben. Die Teilnehmer:innen erlangen darüber hinaus ein fundiertes und belastbares Wissen über die Genese und die Entwicklungslinien der mit dem Begriff Integration einhergehenden Konzepte, Modelle und Hypothesen. Zudem stehen die gesamtgesellschaftlichen und akademischen Transformationsprozesse im Mittelpunkt, die im Rahmen der reflexiven Wende der Migrationsforschung zu einer Neubewertung der Grundbegriffe Kultur, Migration und Gesellschaft geführt haben. Als praxisbezogenes und empirisches Fallbeispiel, an dem die theoretischen Überlegungen gespiegelt werden, dient ein Integrationsprojekt, bei dem Geflüchtete für die Arbeit im deutschen Pflege- und Gesundheitssektor ausgebildet werden. Die zentralen Ergebnisse dieser Projektforschung, die von 2017 bis 2019 an der Hochschule für Gesundheit in Bochum lokalisiert war, bilden einen integralen Bestandteil der Vorlesung.
Empfohlene Literatur:
  • BACHMANN-MEDICK, Doris/KUGELE, Jens (Eds.): Migration. Changing Concepts, Critical Approaches. Berlin/Boston 2018.
  • BERTELS, Ursula (Hg.): Einwanderungsland Deutschland. Wie kann Integration aus ethnologischer Sicht gelingen? Münster u. a. 2014.
  • BÖNISCH-BREDNICH, Brigitte/TRUNDLE, Catherine: (Eds.): Local Lives. Migration and the Politics of Place. Studies in Migration and Diaspora. Burlington, VT 2010.
  • BOJADZIJEV, Manuela/RÖMHILD, Regina: Was kommt nach dem „transnational turn“? Perspektiven für eine kritische Migrationsforschung. In: LABOR MIGRATION (Hg.): Vom Rand ins Zentrum. Perspektiven einer kritischen Migrationsforschung. Berliner Blätter. Ethnographische und ethnologische Beiträge, Band 65. Berlin 2014, S. 10-24.
  • BRAH, Avtar: Cartographies of Diaspora. Contesting Identities. London/New York 1996.
  • BRINKMANN, Heinz Ulrich/SAUER, Martina (Hg.): Einwanderungsgesellschaft Deutschland. Entwicklung und Stand der Integration. Wiesbaden 2016.
  • BUSSMANN, Claudia/BERTELS, Ursula (Hg.): Neue Nachbarn – die Welt in Bewegung. Flucht und Migration aus unterschiedlichen Perspektiven. Münster u. a. 2018.
  • CÖSTER, Anna Caroline/MATTER, Max (Hg.): Fremdheit und Migration. Kulturwissenschaftliche Perspektiven für Europa. Marburg 2011.
  • EL-MAFAALANI, Aladin: Das Integrationsparadox. Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt. Köln 2018.
  • FOROUTAN, Naika: Die postmigrantische Gesellschaft. Ein Versprechen der pluralen Demokratie. Bielefeld 2019.
  • GLICK SCHILLER, Nina et al.: From Immigrant to Transmigrant: Theorizing Transnational Migration. In: PRIES, Ludger (Hg.): Transnationale Migration. Soziale Welt. Sonderband 12. Baden-Baden 1997, S. 121-140.
  • HESS, Sabine et al. (Hg.): No integration?! Kulturwissenschaftliche Beiträge zur Integrationsdebatte in Europa. Bielefeld 2009.
  • HIRSCHFELDER, Gunther/WITTMANN, Barbara (Hg.): Fremde Nähe. Migrantische Perspektiven auf Bayern. Regensburger Schriften zur Volkskunde/Vergleichenden Kulturwissenschaft, Band 24. Münster 2013.
  • JOHLER, Reinhard et al. (Hg.): Mobilitäten. Europa in Bewegung als Herausforderung kulturanalytischer Forschung. 37. Kongress der deutschen Gesellschaft für Volkskunde im Freiburg im Breisgau vom 27. bis 30. September 2009. Münster u. a. 2011.
  • KASCHUBA, Wolfgang: Ethnische Parallelgesellschaften? Zur kulturellen Konstruktion des Fremden in der europäischen Migration. In: Zeitschrift für Volkskunde 103 (2007), S. 65-85.
  • NIESWAND, Boris/DROTBOHM, Heike (Hg.): Kultur, Gesellschaft, Migration. Die reflexive Wende in der Migrationsforschung. Wiesbaden 2014.
  • SCHEER, Monique: Bindestrich-Deutsche? Mehrfachzugehörigkeit und Beheimatungspraktiken im Alltag. Tübingen 2014.
  • SCHMIDT-LAUBER, Brigitta (Hg.): Ethnizität und Migration. Einführung in Wissenschaft und Arbeitsfelder. Berlin 2007.
  • ZINN-THOMAS, Sabine: Fremde vor Ort. Selbstbild und regionale Identität in Integrationsprozessen. Eine Studie im Hunsrück. Bielefeld 2010.



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