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  Kollektive Ängste und Panikreaktionen in der Geschichte (Collective fears and panic reactions in history)

Dozent/in
Prof. Dr. Klaus van Eickels

Angaben
Hauptseminar
2 SWS, benoteter Schein
Studium Generale, Zentrum für Mittelalterstudien, Erweiterungsbereich, Modulstudium, Aufbaumodul Mittelalterliche Geschichte Typ I, Vertiefungsmodul Mittelalterliche Geschichte (Typ I), epochenübergreifend, außerdem anrechenbar in den Modulen der Neuesten Geschichte und der Zeitgeschichte (Fach Sozialkunde)
Zeit und Ort: Mo 16:00 - 18:00, KR12/00.16

Voraussetzungen / Organisatorisches
Die Lehrveranstaltungen des Lehrstuhls für Mittelalterliche Geschichte werden im Sommersemester 2020 in der Woche vom 20. April 2020 beginnen. Auf Grund der von der Staatsregierung angeordneten Maßnahmen zur Eindämmung des Virus SARS-CoV-2 wird die Lehre jedoch vorerst ausschließlich online angeboten werden. Ob eventuell später im Semester Präsenztermine hinzukommen, steht noch nicht fest. Für die Teilnahme an der Lehrveranstaltung ist eine Internetverbindung und ein Mikrofon erforderlich. Eine Webcam ist wünschenswert, aber nicht notwendig. Um auch unter den veränderten Rahmenbedingungen einen möglichst reibungslosen und effektiven Ablauf der Lehrveranstaltung zu gewährleisten, wird die jeweils erste Sitzung überwiegend dazu dienen, alle Teilnehmenden mit den neuen Tools vertraut zu machen und ggf. technische Probleme zu beheben. Der inhaltliche Teil der Veranstaltungen beginnt erst in der zweiten Semesterwoche. Bitte melden Sie sich zusätzlich zur Anmeldung über FlexNow unbedingt auch im jeweiligen VC-Kurs zur Lehrveranstaltung an. Dieser dient als wichtiges Informations- und Kommunikationsforum. Dort erhalten Sie rechtzeitig vor Semesterbeginn auch den Link zur Veranstaltung in der für den Online-Unterricht verwendeten Software. Nur über diesen Link können Sie an der Veranstaltung teilnehmen.
Welche Software für die webbasierte Lehre verwendet werden wird, wird zu Beginn des Semesters bekanntgegeben. Alle Teilnehmer werden jedoch bereits jetzt gebeten, die Programme Microsoft Teams und Adobe Connect auf ihrem Computer zu installieren und sich mit ihrer Funktionsweise vertraut zu machen. Beide Programme sind für alle Studierenden der Universität Bamberg kostenfrei zugänglich. Um die Stabilität der Datenübertragung zu erhöhen, wird das Installieren der entsprechenden App jedoch dringend empfohlen und nicht auf browserbasierte Versionen zu setzen. Weitere Informationen zu Microsoft Teams finden Sie unter https://www.uni-bamberg.de/rz/dienstleistungen/dateidienste/teams/. Informationen zu Adobe Connect finden Sie unter: https://www.uni-bamberg.de/rz/dienstleistungen/tele/video/connect/ Die App können Sie hier herunterladen: https://helpx.adobe.com/adobe-connect/connect-downloads-updates.html.

Das Hauptseminar ist anrechenbar für Mittelalterliche und Neueste Geschichte.

Inhalt
Die gegenwärtige Coronakrise zeigt, wie schwierig es für Menschen ist, Risiken richtig einzuschätzen. Ständig vorhandene und über lange Zeit unveränderte Risiken werden oft unterschätzt, neue und unbekannte Risiken dagegen meist überschätzt. Wenn die Folgen des eigenen Tuns nicht klar abschätzbar sind, fällt es schwer, verantwortlich und vorausschauend zu handeln, ohne dabei durch Angst und Panik mit Tunnelblick auf nur einen einzigen Punkt fixiert zu sein und die stets erforderliche Abwägung aller Risiken und Chancen aus dem Blick zu verlieren. Im Mittelpunkt des Hauptseminars werden Krisensituationen der Mittelalterlichen und der Neuesten Geschichte stehen, in denen sich kollektive Ängste zu panikartigen Reaktionen verdichteten, die langfristige Auswirkungen hatten. Die Plünderung Roms durch Alarich und seine westgotischen Krieger 410 führte zu der Frage, was denn Bestand haben könne, wenn Rom fällt; die tausendjährige Wiederkehr des Kreuzestodes und der Auferstehung Christi führte zu der Frage, ob das Jüngste Gericht bevorstehe; aufgestachelt von den Predigten der Kirchenreformer stellten die Gläubigen im 11. Jahrhundert besorgt die Frage, ob die von einem unwürdigen Priester gespendeten Sterbesakramente gültig seien, was sich in gewaltsamen Aktionen gegen verheiratete oder im Konkubinat lebende Priester und ihre Partnerinnen entlud; der Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. in Clermont 1095 führte zu einem begeisterten Aufbruch völlig unvorbereiteter und schlecht ausgerüsteter Gruppen, nach dem Erfolg des Ersten Kreuzzuges aber auch zu der Frage, warum Gott es zuließ, dass das in der Folge das Königreich Jerusalem von den Muslimen bedroht und 1120 sogar in eine fast aussichtslose Lage geraten konnte; die große Pest von 1346-1353 führte zu einer Vielzahl unkoordinierter Abwehrmaßnahmen und zu einem gesteigerten Misstrauen gegenüber Fremden und Randgruppen, das sich insbesondere in Judenpogromen entlud; am Ende des Mittelalters schlug das Vertrauen in Ablässe und das kirchliche Monopol der Gnadenvermittlung um in die Forderung das Wort Gottes zu hören und ausgelegt zu bekommen; gleichzeitig stellte das plötzliche Auftreten der Syphilis die europäischen Gesellschaften vor gänzlich neue Herausforderungen. In der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts spielte die Angst vor Seuchen und sexuell übertragbaren Krankheiten (Tuberkulose, Cholera, Grippepandemien, Syphilis, HIV), von Xenophobie und Rassismus ausgelöste Befürchtungen der Überfremdung und Degeneration (gegen jüdische Einwanderer aus Osteuropa, gegen chinesische Einwanderer in den USA und gegen nord- und schwarzafrikanische Kolonialtruppen in Europa während und nach dem Ersten Weltkrieg) und übersteigerte Bedrohungsszenarien (die Angst vor der jüdischen Weltverschwörung seit den 1920er Jahren, die Angst vor der kommunistischen Weltrevolution seit den 1950er Jahren und die Angst vor dem islamistischen Terror seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001) oder das Umschlagen eines bedingungslosen Glaubens an Fortschritt und Wachstum in eine Phase des Pessimismus und Skeptik (z.B. im Bereich der zivilen Nutzung der Atomkraft oder des Impfens), eine oft unterschätzte Rolle. Auffällig ist dabei, dass sich im Mittelalter wie in der Neuzeit Wandlungen oft abrupt vollziehen. Im Rahmen des Hauptseminars werden wir daher einzelne Wendepunkte betrachten, die verständlich machen, warum und wie kollektive Ängste und daraus erwachsende Panikreaktionen weitreichende Entwicklungen auslösen konnten.

Empfohlene Literatur
Frank BIESS, Republik der Angst. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik, Reinbek bei Hamburg 2019; Patrick BORMANN, Angst in den internationalen Beziehungen, Göttingen 2010 (Internationale Beziehungen); Franz BOSBACH (Hrsg.), Angst und Politik in der europäischen Geschichte (Bayreuther Historische Kolloquien), Dettelbach 2000; Olaf BRIESE, Angst in den Zeiten der Cholera. Seuchen-Cordon, Berlin; Jean DELUMEAU, Angst im Abendland. Die Geschichte kollektiver Ängste im Europa des 14. bis 18. Jahrhunderts, Reinbek bei Hamburg 91989; Peter DINZELBACHER, Angst im Mittelalter. Teufels-, Todes- und Gotteserfahrung Mentalitätsgeschichte und Ikonographie, Paderborn, München 1996; Katharina EISCH-ANGUS, Absurde Angst - Narrationen der Sicherheitsgesellschaft, Wiesbaden 2019; Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Angst essen Freiheit auf. Warum wir unsere Grundrechte schützen müssen, Darmstadt 2019; Erhard OESER, Die Angst vor dem Fremden. Die Wurzeln der Xenophobie, Darmstadt 22016; Joachim RADKAU, Geschichte der Zukunft. Prognosen, Visionen, Irrungen in Deutschland von 1945 bis heute, München 2017; Christian ROHR, Ursula BIEBER, Katharina ZEPPEZAUER-WACHAUER, Krisen, Kriege, Katastrophen. Zum Umgang mit Angst und Bedrohung im Mittelalter, Heidelberg 2018; Manfred VASOLD, Grippe, Pest und Cholera. Eine Geschichte der Seuchen in Europa, Stuttgart 2008; Thomas ZIMMER, Welt ohne Krankheit. Geschichte der internationalen Gesundheitspolitik 1940-1970, Göttingen 2017.

Englischsprachige Informationen:
Credits: 7

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 30

Institution: Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte

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