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  „Absolut modern sein“. Maschinendenken, Maschinenästhetik, Maschinenkunst in West- und Osteuropa (Maschinenkunst)

Dozent/in
Prof. Dr. Jeanette Fabian

Angaben
Seminar/Übung
Rein Präsenz
2 SWS
Gaststudierendenverzeichnis, Studium Generale, Kultur und Bildung, Erweiterungsbereich, Modulstudium, Unterrichtssprache Deutsch, Je nach Bedarf können 2, 4, 6 oder 8 ECTS erworben werden! Parallel zur Tagung der Graduiertenschule. Die Veranstaltung ist ggf. auch für die Studiengänge ‚Kunstgeschichte‘ und ‚Literatur und Medien‘ geeignet. Bitte vorher mit den entsprechenden Lehrstühlen absprechen.
Zeit und Ort: Do 10:00 - 12:00, OK8/01.03

Voraussetzungen / Organisatorisches
Eine persönliche Anmeldung per Mail ist erwünscht.

Weitere Hinweise zur Modulzuordnung im Rahmen von "Kulturelle Bildung":
  • Lehramtsstudiengänge RS/Gym: Kulturelle Bildung. Grundlagenmodul A
  • M. Ed. Berufliche Bildung: Kulturelle Bildung. Grundlagenmodul B
  • „Wahlpflichtbereich“

Angaben zu ECTS:
  • Lehramtsstudiengänge RS/Gym: 2 ECTS-Punkte
  • Lehramtsstudiengänge RS/Gym: 4 ECTS-Punkte
  • M. Ed. Berufliche Bildung: 3 ECTS-Punkte

Inhalt
Die These, dass der Mensch eine Maschine ist, war im 18. Jahrhundert noch lebensgefährlich und ihre Verbreitung wurde mit der Todesstrafe bedroht. Dies musste zumindest der Philosoph und Arzt Julien Offray de La Mettrie erfahren, als er sein Buch L’Homme Machine (Mensch Maschine, 1748) veröffentlichte. Mit der Aufklärung und der zunehmenden Industrialisierung gewann das propagierte materialistisch-mechanistische Menschenbild – zumeist verbunden mit der (atheistischen) Leugnung einer existenten Seele und gestützt durch die modernen Naturwissenschaften – jedoch zunehmende Akzeptanz. Die These von der materiellen psychophysischen Einheit des lebendigen Menschen richtet sich gegen jede Form eines theologischen Spiritualismus und gegen die idealistischen Spielarten eines Leib-Seele-Dualismus. Es ist der Beginn des so genannten Ersten Maschinenzeitalters, das sowohl neue – von der Maschine und dem Maschinendenken bestimmte – Lebens- und Arbeitsformen als auch neue künstlerische Ausdrucksformen und Auseinandersetzungen mit der Ästhetik der Maschine hervorbringt. Der Höhepunkt scheint bereits mit der avantgardistischen These – „…auch wir Maschinen, auch wir mechanisiert“ – Anfang des 20. Jahrhunderts erreicht zu sein, aber die Angleichung und Durchdringung von Mensch und Maschine, die Mensch-Maschine-Symbiose, ist gegenwärtig noch nicht abgeschlossen, wenn man z.B. an die aktuellen Entwicklungen virtueller Realitäten oder so genannter Künstlicher Intelligenzen denkt.

Im Seminar wollen wir uns zunächst mit dem philosophischen Maschinendenken und der Ästhetik der Maschine beschäftigen und uns z.B. mit Fragen auseinandersetzen, was es überhaupt bedeutet, den Menschen als eine Maschine zu denken, wie Maschinen unseren Alltag, unsere Arbeit und Umwelt beeinflussen oder wie unsere raum-zeitliche Wahrnehmung vom Gebrauch der Maschinen und technischen Medien (z.B. Verkehr und Information) beeinflusst wird. Der Schwerpunkt des Seminars wird im Bereich der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Maschine, der Maschinenkunst und der Kunstmaschinen liegen. Die Bildenden Künste und das Theater konkurrieren zunächst mit den ‚Maschinenkünsten‘ Fotografie und Film, reflektieren in ihren Werken jedoch auch die anthropologische Bedeutung der Maschine, indem z.B. der Mensch als bloß funktionierender psycho-physischer Apparat, als Automat oder mechanische Puppe dargestellt wird. Die besondere Bedeutung der Maschine ist ein globales Phänomen der Kultur und Kunst – dies wurde schon bei der ersten internationalen Ausstellung Machine Art 1934 im Museum of Modern Art in New York deutlich – und wir werden deshalb Beispiele sowohl aus der west- wie osteuropäischen modernen und avantgardistischen Kunst ausführlicher betrachten und miteinander vergleichen.

Die Maschine ist in der modernen Kultur und Kunst allgegenwärtig, schafft neue intermediale Kunst- und Ausdrucksformen und generiert sogar neue künstlerische Gattungen, angefangen mit der Fotografie und dem Film im 19. Jahrhundert, die sich allerdings erst im 20. Jahrhundert zu Kunstformen etablierten. Die Maschine bzw. der Fotoapparat und der Cinematograph diskreditieren die Fotografie und den Film, echte Kunstformen sein zu können, da sie, wie Walter Benjamin in seinem Aufsatz Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit ausgeführt hat – zu „einem Verlust der Aura“ führen. Wir werden anhand ausgewählter fotografischer (u.a. Krull, Rodčenko) und filmischer Beispiele (z.B. Vertov) die Bedeutung und die Darstellung der Maschine in den technischen Medien behandeln und daneben auch einige neue intermediale künstlerische Ausdrucksformen, die auf einer Maschinenästhetik gründen, betrachten, z.B. das mechanische Ballett oder andere mechanische Bewegungsformen. Auch in der modernen funktionalistischen Architektur steht das Maschinendenken im Zentrum, da – wie bereits Le Corbusier proklamierte – „das Haus eine Maschine zum Wohnen ist“. Die Maschine steht in der Architektur für Rationalität und Ordnung und insbesondere für die Dominanz der Funktion vor der Form (form follows function). Wir werden neben Beispielen von Le Corbusier oder dem Bauhaus Formen polnischer, tschechischer und sowjetrussischer Architektur analysieren, z.B. die funktionale Stadt Zlín oder Černichovs Maschinen- und Architekturphantasien. Die Schweizer Architektengruppe ABC hatte sogar die ‚Diktatur der Maschine‘ gefordert, was u.a. die Frage aufwirft, welche Wirkungen die ‚Wohnmaschinen‘ für die Lebensformen der Menschen und ihr Miteinander eigentlich haben. In der Geschichte der Musik haben die Maschinen das Klangspektrum zunächst erweitert und zur Maschinenmusik und zur modernen Klangkunst im 20. Jahrhundert geführt. Wir werden im Seminar zumindest einige Formen der maschinellen Klangkunst (u.a. von Russolo, Skrjabin, Antheil, Hindemith, Baku-Stadtkonzert) hören und besprechen. Abhängig von den Interessen der Seminarteilnehmer:innen können zusätzlich auch neuere Formen der elektronischen Maschinenmusik behandelt werden.

Empfohlene Literatur
  • Banham, Reyner: Theory and Design in the First Machine Age. London 1960. (Dt.: Die Revolution der Architektur. Theorie und Gestaltung im Ersten Maschinenzeitalter. Reinbek 1964).
  • Broeckmann, Andreas: Machine Art in the Twentieth Century. Cambridge (Mass.) 2016.
  • Burckhardt, Martin: Philosophie der Maschine. Berlin 2018.
  • Olmo, Carlo/de Magistris, Alessandro (Hg.): Černichov, Jakov. Sowjetischer Architekt der Avantgarde. Stuttgart 1995.
  • Hollein, Max et al. (Hg.): Kunstmaschinen Maschinenkunst / Art Machines Machine Art. Heidelberg o.J.
  • Hultén, Pontus (Hg.): The Machine. As seen at the end of the mechanical age. New York 1968.
  • Johnson, Philip (Hg.): Machine Art. March 6 to April 30, 1934. New York, The Museum of Modern Art. Reprint des Katalogs, New York, Harry N. Abrams 1994.
  • Kolboom, Ingo/Krause, Joachim/Neyer, Hans-Joachim (Hg.): absolut modern sein. Culture technique in Frankreich 1889-1937. Berlin 1986.
  • Marshall, Jennifer Jane: Machine Art 1934. Chicago 2012.
  • Rauterberg, Hanno: Die Kunst der Zukunft. Über den Traum von der kreativen Maschine. Frankfurt/M. 2021.
  • Sutter, Alex: Göttliche Maschinen. Die Automaten für Lebendiges bei Descartes, Leibniz, La Mettrie und Kant. Frankfurt/M. 1988.

Englischsprachige Informationen:
Title:
„Absolutely modern“. Machine thinking, machine aesthetics, machine art in Western and Eastern Europe

Credits: 8

Institution: Professur für Slavische Kunst- und Kulturwissenschaft

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