Seit dem frühen Mittelalter leben Tschechen und Deutsche in engem Kontakt miteinander. Die deutsche Ostsiedlung bewirkte, daß sich in Böhmen und Mähren die Bevölkerung der meisten Städte aus Deutschen und Tschechen zusammensetzte. Diese Nachbarschaft war für den Wissens- und Technologietransfer sowie für den kulturellen Austausch zwischen beiden Bevölkerungsgruppen von großer Bedeutung. Das Aufeinandertreffen zweier Sprachen und Kulturen hat aber auch zu Mißverständnissen und Konflikten geführt. Das Nebeneinander von Tschechen und Deutschen wurde zudem immer wieder durch politische und religiöse Auseinandersetzungen gestört, bis es zu den Katastrophen der Jahre 1938 bis 1945/46 kam.
Ein Grund für ethnische und sprachliche Mißverständnisse und Konflikte sind kollektive Vorstellungen, die die eine Seite von der jeweils anderen hegt, die ‚Nationenbilder’. Das Projekt erforschte das Tschechenbild der Deutschen und das Image der tschechischen Sprache von den frühesten Belegen bis 1918.
Drei Typen von gedruckten Quellen, in denen einschlägige Aussagen enthalten sind, wurden ausgewertet:
- politische und religiöse Quellen (Chroniken, Erlasse, Dekrete, Predigten, religiöse Traktate)
- literarische Quellen (v.a. im Zeitraum 1700-1918)
- Sprachlehrwerke (Lehrbücher, Sprachführer, Übersetzungsmaterial für den Deutschunterricht für Tschechen).
Das Projekt suchte nach Erklärungen dafür, wie und warum die fraglichen Einstellungen in den vergangenen Jahrhunderten entstanden sind, wie sie sich verändert haben und welche Ereignisse oder Entwicklungen dafür relevant waren. Dazu wurden über 400 einschlägige Texte nach einem festgelegten Fragenkatalog analysiert; beispielsweise wurden Aussagen über die soziale Stellung oder über das Aussehen der tschechischen Figuren erfaßt. Die Bibliographie wird als Datenbank für die externe Nutzung im Internet zugänglich gemacht (www.germanistika.cz/Arbeitsstelle). Eine Auswahl einschlägiger Quellen wurde zu einer Anthologie zusammengestellt, die repräsentative Dokumente aus dem Untersuchungszeitraum versammelt und zugänglich macht.
Die Publikation der Ergebnisse erfolgt 2004.